Folge 12: Mit Barbara Blaha
Der weite Weg von Simmering an die Uni. Von großen Gräben, hohen Hürden und dem Wunsch nach mehr Gerechtigkeit
25.06.2025 58 min
Zusammenfassung & Show Notes
Wir begrüßen Barbara Blaha im Studio und sprechen mit ihr übers Tangotanzen, ihre Politisierung, den weiten Weg von Simmering an die Uni und warum sie für Verteilungsgerechtigkeit und die Klassenfrage kämpft.
Zu Barbara Blaha:
Barbara Blaha ist eine österreichische Autorin, Gründerin des Momentum Institut, Herausgeberin des dazugehörigen Moment Magazin und ehemalige Vorsitzende der Österreichischen Hochschüler*innenschaft.
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Musik: Libre como el Ave by reiswerk | 2018 - Licensed under Creative Commons Attribution Noncommercial (3.0)
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Wir sind Kathrin und Sarah und unterhalten uns mit Menschen, die ihr aus völlig anderen Zusammenhängen kennt über außergewöhnliche Dinge, die ihr bisher nicht wusstet.
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Transkript
Hey, wir sind Katrin, die meisten von euch kennen mich unter dem Spitznamen Quati und Sarah mit Österreich What the Fuck.
Wir stellen unseren Gästen die Fragen, die ihnen sonst keiner stellt und erfahren so viele Dinge, von denen ihr keine Ahnung hattet, dass ihr sie über unsere Gäste wissen.
Was the fuck?
Wir haben natürlich einen Fahrplan für unseren Podcast. Wir steigen ein mit der Frage nach der nicht so offensichtlichen Expertise, den geheimen Leidenschaften und Hobbys der österreichischen und deutschen Prominenz an gescheiten und interessanten Menschen, für die sie eher nicht so bekannt sind.
Heute ist bei uns Barbara Blaha zu Gast. Barbara, du bist Autorin, Gründerin des Momentum Instituts, Herausgeberin des dazugehörigen Moment Magazins, ehemalige Vorsitzende der ÖH. Habe ich was Wichtiges vergessen?
Ich war auch lange im Verlagswesen zum Beispiel, aber, weißt du, vergangene Leben, was ist daran schon wichtig?
Ich habe ja gehört, dass du angeblich auch passionierte Tango-Tänzerin bist.
Das ist tatsächlich so. Tango habe ich entdeckt, als ich für ein paar Monate in New York war. Ich habe da ein Verwaltungspraktikum an der österreichischen Botschaft gemacht und bin eines Abends durch die Stadt spaziert, eigentlich ohne Plan und Ziel.
Da gibt es den Hudson River und die haben so schöne, schöne Holzpiers in den Fluss hineingebaut und es war ein sonniger Sommerabend.
Und ich habe mich da an diesem Pier gesetzt und der Zeit beim Vergehen zugeschaut und auf einmal merke ich, wie so eine Gruppe an Menschen beginnt, eine Musikbox aufzubauen und allerlei Sachen aufzubauen.
Und dann kam sehr schnell eine Gruppe von sicher 50 Menschen zusammen, die gemeinsam im freien Tango getanzt haben.
Und ich habe ihnen dabei zugeschaut und habe mir gedacht, boah, das möchte ich auch können.
Warum? Nicht nur, weil es beeindruckend aussieht, sondern weil ich den Eindruck hatte, alle diese Menschen sind wahnsinnig glücklich in dem Moment, wo sie tanzen.
Zurück in Österreich habe ich mir dann einen Tango-Kurs gesucht und habe es tatsächlich gelernt.
Das Besondere am Tango ist nämlich, wer es nicht tanzen kann, der weiß es nicht.
Viele Standardtänzer haben eine fixe Schrittfolge.
Das heißt, man weiß, man kann mitzählen oder man weiß, aha, der dritte Schritt geht so, der vierte so.
Tango hingegen ist ein Tanz, wo du keine fixe Schrittfolge hast.
Das heißt, wenn du der Führende bist, die Person, mit der du tanzt, führen und wenn du geführt wirst, musst du mit der Person tatsächlich im Einklang sein.
Um überhaupt zu checken, was ist der nächste Schritt.
Und das zwingt dich dazu, wahnsinnig präsent zu sein.
Du kannst nur in der Gegenwart sein.
Du kannst nicht an die Einkaufsliste denken, nicht an das Zu-du-von-morgen, nicht an den mühsamen Arbeitskollegen.
Du bist in der Sekunde nur beim Tanz.
Das holt dich so in die Gegenwart wie fast nichts anderes.
Ich kenne das sonst nur vom Spiel mit Kindern.
Dieses im Jetzt-und-hier-Sein, das ist ja was sehr Politisches auch, denke ich mir.
Also einfach so sich im Moment, im Momentum bewegen und sich auch spüren dabei.
Wie viel Zeit hast du überhaupt bei deinem ganzen Engagement und bei allem, was du machst?
Du bist ja überall gefühlt.
Also es ist ja unglaublich.
Es vergeht kein Tag, wo man nicht über sich drüber fällt.
Wie viel Zeit bleibt dir eigentlich da fürs Tanzen noch übrig?
Viel zu wenig, sage ich ganz ehrlich.
Aber ich habe mich das letzte Semester dazu gezwungen, mir wieder Zeit dafür zu nehmen
und habe einen Korean-Tango-Tanzkurs gemacht, weil ich auch gerne lernen wollte, zu führen.
Bis jetzt konnte ich nur geführt werden und ich wollte gerne das Gegenüber auch kennenlernen.
Also auch herausfinden, wie es eigentlich ist, eine andere Person durch den Tanz zu begleiten.
Dürfen wir fragen, wo man diesen Kurs machen kann?
Vielleicht interessiert es uns eine Hörer.
Ja, das gibt es in Lillis Ballroom.
Das ist ein Tanzstudio im 9. Bezirk.
Und die bieten Tango-Kurse an, wo Führende und Geführte gemeinsam beide Rollen lernen.
Das macht den Lernprozess ein bisschen langsamer, aber ich finde, umso intensiver,
weil du beide Perspektiven lernst.
Wie fühlt es sich an, zu führen?
Wie fühlt es sich an, geführt zu werden?
Und es ist so wahnsinnig lustig, die Führende zu sein, wenn man mit einem Mann tanzt.
Also wir sind auch echt überfordert.
Das kann ich mir jetzt nicht vorstellen.
Ich kann mir noch, in grauer Vorzeit habe ich einen Tanzkurs gemacht.
Das ist ja irgendwie so in der sechsten Klasse, Güm ist ja bei uns immer.
Der muss ja unbedingt einen Tanzkurs machen.
Und ich kann mich noch erinnern, das war in der Tanzschule.
Ich habe immer aus dem Hintergrund gehört, bei dem paar Führende nicht schon wieder.
Ich kann mir überhaupt vorstellen, wie das ist, nicht zu führen.
Deswegen kann ich Gesellschaftstänze auch nicht, weil ich bin dann immer irgendwie,
ich weiß gar nicht, wie das ist, nicht zu versuchen zu führen.
Das ist ja sehr unangenehm gewesen dann immer, weil natürlich Takt zu finden war da eher schwierig.
Ich habe es bleiben lassen.
Was macht dir mehr Spaß?
Führen oder geführt werden?
Beides ist interessant.
Beides ist ganz unterschiedlich.
Ich fand tatsächlich, dass es schwieriger ist zu führen, weil die gesamte Verantwortungslast
ist lastet auf deinen Schultern.
Weil du musst ja dafür sorgen, dass deine Tanzpartnerin oder dein Tanzpartner nicht in andere hineintanzt,
dass du gut signalisierst, was der nächste Schritt ist.
Also man ist viel geforderter, war mein Eindruck, als jemand, der als geführt werden.
Das kann an manchen Abenden schön sein.
Das ist an manchen Abenden auch so, dass ich mir gedacht habe,
ich möchte eigentlich nur geführt werden.
Ich will überhaupt keine Entscheidung mehr treffen.
Ich bin entscheidungsmüde für heute.
Also kommt auf die Tagesverfassungen, was mir Spaß macht.
Also tatsächlich sehr politisch, weil die Last auf den Schultern
und das zu müde sein für Verantwortung übernehmen,
Das ist ja etwas, das dich auch in deiner kommunikativen Arbeit,
in deiner politischen Arbeit, in deiner inhaltlichen Arbeit ständig begleitet,
diese Frage, wenn man es denn so sagen will.
Und was mich ja unglaublich interessiert, Barbara,
wie oder was, nicht was hat dich so radikalisiert,
sondern was hat dich so politisiert?
Warum bist du heute da, wo du bist?
Und warum liegen dir diese Themen so am Herzen, wie sie dir am Herzen liegen?
Es gibt nicht das eine Ereignis, das mich politisiert hat.
Ich glaube, das waren viele, viele verschiedene Ereignisse,
die in Summe dazu geführt haben, dass ich heute der Mensch bin, der ich bin.
Ganz wesentlich für meine Geschichte ist sicher die Geschichte meiner Herkunft.
Ich komme aus einer Arbeiterfamilie aus Wien-Zimmering.
Ich bin ein Kind von sieben.
Ich habe drei Brüder und drei Schwestern.
Wir waren eine Familie mit vielen Kindern, aber mit wenig Geld.
Und ich habe sehr früh erfahren, dass die Frage der Herkunft sehr entscheidend ist für die Frage,
welche Chancen du im Leben hast.
Als ich in der vierten Klasse Volksschule war, hat meine Volksschullehrerin damals zu mir gesagt,
ich bin mir nicht sicher, ob das Gymnasium das Richtige für dich ist.
Die Lehrerin war weder bösartig noch gemein.
Die hat sehr genau abgewogen, ob jemand mit meinem sozialen Hintergrund überhaupt eine Chance am Gymnasium hat.
Denn Gymnasium heißt, dass die Hauptbildungsarbeit halt immer noch am Küchentisch oder besser noch am eigenen Schreibtisch passiert,
dass sowas wie Hausübungen oder Lernunterstützung gefordert ist und dass in den allermeisten Fällen auch Nachhilfestunden bezahlt werden müssen.
Lauter Dinge, die eine Familie mit nur einem Kinderzimmer und so vielen Kindern eigentlich nicht bieten kann.
Ich bin auch sicher, dass die Lehrerin sich dachte, jemand wie ich wird vielleicht auch glücklich mit dem Platz,
den das Leben eigentlich für ihn vorgesehen hat.
Und das wäre der klassische Weg in Richtung Lehre gewesen.
Und sehr früh auch die Möglichkeit, eigenes Geld zu verdienen.
Geld, das in meiner Familie dringend gebraucht worden wäre.
Und ich habe aber schon mit zehn, neun war ich damals, ich habe schon mit neun gespürt,
das ist total falsch.
Das ist total falsch.
Ich bin gerne in die Schule gegangen.
Ich habe sehr früh lesen gelernt.
Ich hatte einen großen Wortschatz.
Meine Noten waren gut.
Also ich wusste,
ich habe mindestens das Zeug dazu, auf diese Schule zu kommen.
Und das Interessante an dem Moment für mich damals war,
Mir hat niemals jemand gesagt, das Gymnasium ist besser.
Oder mit dem Gymnasium sind irgendwelche besonderen Chancen verbunden.
Aber ich wusste es, so wie ich wusste, dass das Wasser nass ist oder der Himmel blau,
dass das die besseren Lebenschancen sind, wenn man aufs Gymnasium kommt.
Und dass es wirklich wichtig ist, es dahin zu schaffen.
Also ich finde, der Bildungsdruck, selbst wenn es die Eltern nicht formulieren,
ist für Kinder in dem Alter schon vollkommen klar.
Wir wissen ganz genau, Restschule, gute Schule.
Selbst wenn man es den Kindern nicht ausbuchstabiert, sie checken das,
weil sie es im Umfeld bemerken und weil sie merken, wie wir über Menschen sprechen,
die eben keine höhere Bildung haben.
Weil sie implizit mitbekommen, dass das die besseren Menschen sind.
Also besser im Sinne von besser bezahlt.
Mehr Möglichkeiten, mehr Freizeit, mehr Urlaub, mehr alles.
Genau.
Dass ich es dann auch aufs Gymnasium geschafft habe, war ein Glück tatsächlich.
Ich weiß bis heute nicht, ob meine Mutter sich dafür eingesetzt hat,
ob meine Direktorin ein Machtwort gesprochen hat.
Meine Volksschullehrerin wollte mich eigentlich nicht ins Gymnasium versetzen.
Mit viel Glück habe ich das dann noch geschafft.
Und eine zweite ganz wesentliche Erfahrung, die ich gemacht habe,
das war dann schon auf dem Gymnasium.
Ich habe mit 13 begonnen, für die Schulzeitung zu arbeiten.
Die achten Klassen haben damals eingeladen, die Redaktionssitzung.
Und ich habe mit 13 zu meiner Mutter gesagt,
ja, ich gehe auf diese Redaktionssitzung.
Ich hatte den Aushang gesehen.
Und ich weiß noch, dass meine Mutter gemeint hat,
naja, also ich weiß nicht, ob die achten Klassen,
ob die ich mehr gerecht sah habe.
Okay.
Ich bin da einfach hin mit dem Selbstbewusstsein eines Kindes.
Und die achten Klassen haben nur eine Ausgabe zusammengebracht,
weil die haben halt dann maturiert und waren nicht mehr in der Schule.
Und ich bin dann ganz enttäuscht,
dass dieses Projekt kaum begonnen, schon wieder gestorben ist.
In der großen Pause zwei Klassen über mir,
also in eine fünfte Klasse spaziert.
Dort saß der einzige Kollege, der Teil dieser Redaktion war,
der noch nicht maturiert hatte.
Dominik hat er geheißen.
Und ich bin da als Trittklasslerin in diese fünfte Klasse.
Es gab damals kein Handy.
Ich hätte ihm keine DM sliden können.
Ich musste im realen Leben in seine Klasse spazieren.
Und das war ein mutiger Akt,
denn ich weiß nicht, ob ihr euch erinnern könnt,
aber so mit 13, 14, 15 wird das genau beäugt,
wer in der Klasse spaziert und wer mit wem redet.
Und ich kannte ja sonst niemanden in dieser Klasse.
Also bin ich da hineingestartet und habe ihm gesagt,
hör mal, die Achten sind weg.
Ich finde, wir zwei machen jetzt diese Schulzeitung.
Dann sind die halt weg.
Wir können es ja alleine machen.
Und er war entweder so geplättet oder so eingeschichtet,
dass er okay gesagt hat.
Und dann haben wir zwei die Schulzeitung übernommen
und haben die fünf Jahre lang miteinander geführt.
Und ein ganz wesentliches Lernerlebnis für mich aus der Zeit war,
dass du Öffentlichkeit brauchst,
wenn du Dinge verändern möchtest.
Dass Öffentlichkeit das einzige Druckmittel ist,
das du hast, wenn du eigentlich am kürzeren Ast sitzt.
Und das tust du als Schülerin oder als Schüler ganz massiv.
Aber wenn du dir ein Medium organisierst
und dafür sorgst, dass die gesamte Schulöffentlichkeit
über die Dinge spricht, die du eigentlich wichtig findest,
wenn du auf Deckerellgeschichten bringst,
wenn du der Direktion ordentlich auf die Nerven gehst,
weil du alle vier Wochen mal wieder irgendwas
in dieser Zeitung treibst,
dann organisierst du Veränderungen.
Also die Macht der Worte und die Macht von Öffentlichkeit
und damit verbunden auch die eigene Selbstwirksamkeit,
die habe ich mit 13, 14, 15 gelernt.
Und das war eine Lektion, die hat mich mein Leben lang begleitet
und mich schließlich ins Momento-Institut geführt.
Ich bin in ein Landgymnasium gegangen in Bad Ischel
und wir hatten unsere Klasse direkt neben meiner achten Klasse.
Und ich kann mir überhaupt nicht vorstellen,
wie das ist, als 13-Jährige in eine fünfte Klasse reinzustiefeln
beziehungsweise als 13-Jährige mit MaturantInnen gemeinsam etwas zu machen.
Eben genau, weil da ist ja oft ein Jahr schon ein Riesenunterschied.
Und dann ist eine völlig andere Alterskuhorte.
Und ich finde das einfach großartig, dass du das gemacht hast.
Und ich finde es total schön, wie du erzählst,
wie wichtig diese Erfahrung für dich gewesen ist
und für dein weiteres Leben.
Also es passt auch sehr gut zu der einen Folge,
die wir mit dem Mati Rando aufgenommen haben,
der eben auch gesagt hat,
es geht ganz viel um Selbstwirksamkeit schaffen,
um Selbstermächtigung, um Öffentlichkeit,
Um Bandbildung gewissermaßen.
Um es gehört werden.
Um es gehört werden.
Genau.
Und meine Frage ist,
also der Weg von der Schülerzeitung
hin zum Momentum-Institut,
wie ist der dann gelungen?
Wie ging es da weiter?
Ich finde, der nächste Schritt war ein logischer.
Das eine ist Politik, wenn auch im Kleinen.
So ein Schulkosmos ist ja trotzdem ein kleiner,
überschaubarer Kosmos.
Das eine ist Politik zu beschreiben.
Das andere ist der Wunsch, sie auch zu gestalten.
Also war der nächste naheliegende Schritt,
selbst als Schulsprecherin zu kandidieren
und in der Schulpolitik quasi aktiv mitzumischen.
Und nicht nur der Schülervertretung
und Schülerinnenvertretung immer auszurichten,
dass sie alles falsch waren,
in meiner eigenen Zeitung.
Sondern es auch selbstverzogen besser zu machen.
Da bin ich dann also in die Schulpolitik gerutscht,
war dann auch Teil der Landesschülerinnenvertretung in Wien
und bin dann nach meiner Matura
auf der Universität gelandet
und bin sehr schnell darauf gekommen,
dass die Erfahrung, die ich als Zehnjährige gemacht habe,
aha, es ist nicht selbstverständlich,
dass du in ein Gymnasium wechselst,
mit 18, 19 am Weg auf die Universität
mich wieder eingeholt hat.
Es war nicht selbstverständlich,
dass ein Arbeiterkind,
das als erstes in der Familie maturiert hat,
auf der Uni Wien sitzt
und dort versucht, seinen Weg zu machen.
Ich habe über diese Erfahrung...
Entschuldige,
wie sehr hast du dich gerade als Alien gefühlt?
Also wie wenig hast du reingepasst am Anfang?
Ich habe überhaupt nicht reingepasst.
Ich glaube, dass eine Universität
für alle jungen Menschen in dem Alter
eine wahnsinnige Überforderung ist,
unabhängig davon, wo sie sozial herkommen.
Ich meine aber,
aus meiner Erfahrung heraus zu wissen,
dass Kinder aus Arbeiterfamilien
noch mal Ärger eingeschüchtert sind als andere.
und sie haben vor allem kein Sicherheitsnetz.
Also ich bespreche das oft mit Kindern
aus bürgerlichen Haushalten,
die mir dann sagen,
naja, aber ich habe ja auch nicht gewusst,
was eine Vorlesung war,
weil mir hat es ja in der Schule
auch keiner beigebracht.
Ich dann sage, ja,
aber es macht einen Unterschied,
ob man im Fall der Fälle
den Papa fragen kann,
weil der hat ein Studium gemacht.
Es macht einen Unterschied
im Selbstverständnis
und in der Selbstverständlichkeit.
Und ich finde,
ein ganz wesentlicher Unterschied
ist auch diese ganz grundlegende Erfahrung
von ich gehöre da eigentlich nicht hin.
Ich bin da eigentlich falsch.
Das ist eigentlich nicht meine Welt.
Und das wird an ganz vielen Ecken und Enden,
wenn man studiert als Arbeiterkind,
spürbar.
So ganz banale Dinge wie,
du kennst dich mit dem universitären System
null aus
und kannst niemanden fragen,
ist das eine.
Aber das Zweite ist,
dass du einen ganz harten
und ich glaube stärkeren Druck hast
als Kinder aus besser abgesicherten Haushalten,
weil du ja extrem selbstständig
dafür zuständig bist,
dein Studium zu organisieren,
aber auch dein Leben zu organisieren.
Du musst Geld verdienen.
Es zahlt dir keiner.
Das heißt,
du hast den Druck auf der einen Seite ökonomisch,
andererseits von der Organisation her
und drittens bist du immer mit einem Fuß,
das fand ich am allerschwierigsten,
immer mit einem Fuß so in diesem,
du darfst dir keinen Schäler leisten.
Du kannst eben nicht das Studium wechseln,
weil wenn du zwei Semester gemacht hast,
kannst du das Studium nicht mehr wechseln,
du verlierst dein Stipendium.
Du kannst dir nicht leisten,
bei der Prüfung dreimal durchzufallen,
weil du musst die Leistungspunkte bringen,
damit das Stipendium weiter bezahlt wird.
Also die Fehlertoleranz für Kinder
aus Arbeiterhaushalten ist quasi null,
was besonders absurd ist,
weil sie haben es ja besonders schwierig,
weil sie müssen sich da ganz allein orientieren.
Und diese doppelte Drucksituation war eine,
die hat mich schon oft an den Rand
meiner eigenen Belastungsfähigkeit geschoben.
zum Thema Selbstorganisation.
Also ich komme aus einer Familie
mit einer alleinerziehenden Mutter.
Ich bin mit 22 in eine andere Stadt gezogen,
um hier zu studieren.
Und dieses komplette Fehlen von Sicherheitsnetzen.
Also bei mir gab es auch kein Stipendium.
Bei mir war das einfach ein,
du musst halt Vollzeit hacken und nebenbei studieren.
Und dauert das Ganze auch schon so lang.
Aber dieses, was für mich wirklich das Ärgste war,
war dieses, für die anderen ist das nicht so.
Die sagen auch, sie müssen nebenbei arbeiten,
aber sie meinen damit,
dass sie am Wochenende vier Stunden im Biller sitzen
oder dass sie beim Papa in der Firma irgendwo
Zeitungen sortieren oder irgendwas tun.
So, ich muss ja auch was tun,
um mir mein Studium zu finanzieren,
aber dass das nicht das Gleiche ist.
Dass das einfach was völlig anderes ist,
als jemand, der halt fünf Nachmittage in der Woche
Kinderbetreuung macht.
Das sehe ich ganz genauso da.
Ich finde, ein wesentlicher Unterschied ist auch die Frage,
wofür macht man es?
Also Kinder aus sozial besser gestellten Haushalten
gehen arbeiten, um sich, keine Ahnung,
ein bisschen was anzusparen,
einen schönen Urlaub zu leisten
oder was Tolles zu kaufen,
was sie aber nicht zwingend bräuchten.
Ich war arbeiten, damit ich meine Miete zahlen kann
und mir mein Essen kaufen kann.
Also es gab keine Alternative dazu.
Ich hätte auch nicht aussetzen können.
Es gibt keine Pause.
Es gibt keinen, auch jetzt lasse ich mal ein Quartal aus,
weil so anstrengend das Semester ist nicht möglich.
Und das meine ich mit,
die Drucksituation ist eine ganz besondere.
Also Null-Fehler-Toleranz.
Du darfst niemals ausrutschen,
weil sonst haut es dich aus der Kurve
und du weißt intuitiv,
du findest nicht mehr zurück.
Es hebt dich keiner mehr zurück in die Kurve.
Du musst unbedingt, unbedingt, unbedingt,
unbedingt, unbedingt drin bleiben.
Ja, und das Zweite ist eben auch der Druck,
den du hast, weil halt rundherum finanziell,
ganz andere Dinge von dir alleine gestemmt werden,
wie also in meinem ganzen Umfeld.
Ja, und das war ja auch,
du bist, glaube ich, Jahrgang 1983,
ich bin 84er,
ich habe auch unter Schwarz-Blau studiert.
Das war die Zeit, wo die Zuverdienstgrenze
auch noch für das Stipendium sehr niedrig war.
Das heißt, wenn man wenig Stipendium bekommen hat,
da gab es ja auch absurde Regelungen,
wenn man noch Geschwisterkinder hatte,
wenn die Eltern als Angestellte gearbeitet haben,
aber jetzt nicht über die Massen verdient haben.
Dann gab es Konstellationen,
wo man dann da gestanden ist,
relativ wenig Stipendium bekommen hat,
aber gleichzeitig die Eltern auch nicht in der Lage waren,
jetzt besonders viel zu sponsern.
Und dann durfte man nicht mehr als, glaube ich,
damals waren es 5000 Euro im Jahr dazu verdienen.
Das heißt, man war da irgendwie eingesperrt
in einem System,
das einem ja nicht einmal ermöglicht hat,
zum Beispiel mehr arbeiten oder mehr dazu zu verdienen,
weil man sonst das bisschen Stipendium
halt auch noch verloren hat.
Und was ich mir auch denke,
was halt zusätzlich noch sehr gemein ist,
ist dieses,
das ist sehr implizit,
aber was man trotzdem spürt,
ist dieser Habitus, finde ich.
Also von Kindern,
die aus Akademikerinnenfamilien kommen,
da bekommt man,
nicht offensiv,
aber man bekommt so dieses Gespür
mit diesem Habitus mit,
wie muss ich mich wo,
in welcher Situation verhalten,
um positiv aufzufallen.
Also das ist so eine wirklich Sozialisation,
die, glaube ich,
sehr schwer ist auch zu lernen.
Also das ist so,
du bist ja dann,
also das Gefühl,
man ist ja dann doch ein bisschen was Besseres
als die anderen.
Und das spielt ja ganz viel Rolle
oder es strahlt ja auch sehr stark
auf Selbstvertrauen dann aus.
Darauf melde ich mich in einem Seminar zu Wort.
Ist das für mich etwas Selbstverständliches
oder nicht, finde ich.
Ja, ich finde,
man merkt es gut an der Frage
von Auslandssemester, ja oder nein?
Das war in meinem Umfeld
zum Beispiel völlig selbstverständlich,
die Wannen.
Die allermeisten Wannen auf Erasmus.
Und dann haben sie mich
immer so ein bisschen angeschaut mit,
ja, warum machst du eigentlich
du keinen Auslandssemester?
Und meine Antwort darauf war immer,
weißt du,
wie weit der Weg von Simmering daher war?
Also wirklich kein Bedarf
an einem Auslandssemester noch dazu.
Also unabhängig von der Frage,
was das auch wieder kostet
und mit welcher Organisationsgeschichte
das verbunden ist und so weiter.
Also man merkt es,
wie ich vorhin gemeint habe,
an allen Ecken und Enden,
was bei mir damals auch noch
besonders dazu kam,
waren zwei Dinge.
Ich weiß nicht,
ich weiß nicht,
ich weiß nicht,
ob das BD auch so war.
Es gab,
ich glaube,
es gibt heute noch einen Unterschied,
ob man inwärtige
oder auswärtige Studierende war.
Also jemand,
der in die andere Stadt zieht,
kriegt ein höheres Stipendium
als der,
der in derselben Stadt
lebt wie seine Eltern.
Ja,
aber weißt du,
wenn du aus einer Familie kommst
mit sieben Kindern,
kannst eh auch mit 20
noch im Kinderzimmer wohnen
mit den fünf anderen.
Ist halt nicht so leuernd.
also diese wirklich absurd
gezogene Grenze
heißt halt auch,
dass du Arbeiterkinder zwingst,
mit wirklich wenig Geld auszukommen,
weil die allermeisten wohnen
halt in der Stadt,
wo ihre Eltern auch geboren sind,
nämlich zum Beispiel in Wien.
Das war das eine.
Und das zweite,
was dann noch passiert ist,
wo ich mir auch gedacht habe,
boah,
das gibt es ja nicht.
Kurz nach Beginn meines Studiums
ist meine Mutter gestorben
und ich habe nach einiger Zeit
das Sorgerecht
für meinen kleinen Bruder übernommen.
Der war damals noch minderjährig,
13, 14
und habe darum dann
selbstverständlich angesucht
um ein Stipendium
für Studierende mit Kind,
also um eine Erhöhung
des Stipendiums.
Wenn du ein Kind hast,
hast du ein Anrecht
auf ein höheres Stipendium.
Daraufhin habe ich
einen ablehnenden Bescheid bekommen,
ich sei keine Studierende mit Kind,
weil das sei nicht
mein leibliches Kind.
Wenn man gesagt hat,
ja, aber essen muss er ja trotzdem.
Dieses Kind muss er trotzdem essen.
Und ich habe ein Altersurteil
von einem Pflegegericht,
das sagt,
ich bin seine Erziehungsberechtigte.
Also ich kann nachweisen,
dass ich ihn erhalten muss,
laut Gerichtsurteil.
Es war dann
wirklich interessant,
ich war damals schon ÖH-Vorsitzende
und habe natürlich
alle Hebel in Bewegung gesetzt,
um dagegen Berufung einzulegen
und das anders zu organisieren.
Das ist auf offiziellen Wege
tatsächlich nicht gegangen,
aber es gibt,
ich hoffe,
das gibt es heute noch,
eine Art Kommission
zwischen ÖH und Stipendienbehörde
und Ministerium,
wo sie besondere Härtefälle besprechen.
Also besondere Härtefälle,
die irgendwie
durch die Gesetzeslücke fallen,
aber die irgendwie
nachweislich Hilfe brauchen könnten.
Und weil ich ÖH-Vorsitzende war,
hatte ich das große Glück,
dass ich wusste,
dass diese Kommission
überhaupt existiert.
Also ich bin sicher,
dass 99,9 Prozent
der Studierenden
gar nicht wissen,
dass die da ist.
Also habe ich natürlich
Berufung eingelegt,
bin in diese Kommission
und der zuständige Beamte
des Ministeriums
hat dann zu mir gesagt,
naja,
also es stimmt schon,
das ist in meinem Fall,
also das sieht er schon,
dass das die Kriterien
eigentlich erfüllen würde,
aber also gesetzlich
kann man das nicht ändern.
Also das geht nicht.
Und dann sage ich zu ihm,
hä, warum nicht?
Und dann sagt er,
naja,
das Problem wäre ja dann,
dass alle Eltern
ihre minderjährigen Kinder
dem studierenden Kind
überschreiben würden,
damit diese studierenden Kinder
ein höheres Stivendium
kassieren können.
Und ich sage dann zu ihm,
aha,
ja genau,
das war seine These.
Also wir öffnen im Sozialen Missbrauch
Tür und Tor.
Und ich habe dann zu ihm gesagt,
aber ist ihnen nicht klar,
dass das,
ich kann das nicht
auf irgendeinem Post jetzt schreiben,
so,
Sorgerecht jetzt woanders.
Ich muss zu einem Pflegerichter
oder einer Pflegerichterin,
die für das Wohl des Kindes
eine Entscheidung trifft.
Und wenn die Eltern da sind,
dann wird der Pflegerichter
die berechtigte Frage stellen,
warum soll ich jetzt
dieses Sorgerecht überschreiben
an ein studierendes Kind,
das noch dazu
selbst kaum erhaltungsfähig ist.
Also es wird mir kein Pflegerichter
auf dem Planeten machen.
Hat aber nicht dazu geführt,
dass der Herr Doktor
das eingesehen hätte.
Es war ein ziemlicher Feiz,
dann eine Art Kulanzlösung
für mich zu erwirken
und die Stipendienhöhe
für Studierende mit Kindern
zu bekommen.
Aber es ist dir gelungen?
Es ist mir gelungen, ja.
Aber bis heute verfolgt mich
der Gedanke,
dass ich sehr hoffe,
dass dieser Sonderfall,
es gibt sicher nur eine Handvoll
Studierende,
die das wirklich betrifft.
Das ist ja wirklich
eine absolute Unglückssituation,
dass die Eltern sterben
und dann ein jüngeres Geschwister da ist,
wo ein studierendes Kind
das übernimmt.
Aber die 5, 6, 7, 10,
weiß ich nicht,
Leute im Jahr,
die das betrifft,
die von dieser Kommission
nichts wussten,
wie haben die ihr Studium geschafft?
Das ist eine Frage,
die ich mir bis heute
manchmal stelle.
Wahrscheinlich nicht.
Ja, wahrscheinlich nicht.
Wahrscheinlich irgendwann ausgestiegen
und vielleicht 5 Jahre später
wieder aufgenommen.
Wäre meine Vermutung.
Dann ohne Stipendium
und mit selber hacken
die ganze Zeit,
also mit Vollzeitarbeit nebenbei.
Aber die Fälle gibt es sicher.
Mehr als einen.
Ich fand übrigens auch
den sozialen Aspekt
extrem schwierig
beim Einstieg in die Uni,
weil,
also so dieses
mit anderen StudentInnen
nachher Kontakt aufnehmen,
weil es ein völlig
unterschiedliches Leben ist,
ob man von einer,
ob man arbeiten muss
oder ob man zu Hause wohnt
und erhalten wird.
Weil diese ganzen Sachen,
diese Studentenpartys
und treffen wir uns da
und gehen wir dorthin,
das hat es halt einfach nicht
gespielt,
wenn man Vollzeit arbeitet.
Also den Aspekt
lasst man dann komplett aus
und ich habe den Eindruck,
dass man da viel verpasst
von dem,
was man so
potentische Jugend nennt.
Ich weiß es nicht,
wie man es besser ausdrückt.
Da gebe ich dir sicher recht.
Wobei ich generell finde,
das war zumindest in meiner Leben,
bin ich gespannt,
was ihr dazu sagt,
dass das Arbeiterkindsein
auf der Uni auch heißt,
dass es ganz generell
ein Gefühl von Einsamkeit gibt.
Also diese,
was du als soziale Situation begreifst,
man muss arbeiten gehen,
man kann auf die Party nicht,
das ist natürlich das eine.
Ich fand fast stärker,
diese grundlegende
Isolationserfahrung,
Isolationserfahrung,
dass meine Lebensperspektive,
mein Erfahrungshorizont,
da wo ich herkomme,
etwas ist,
das ich ganz, ganz schlecht,
wenn überhaupt
und eigentlich gar nicht
teilen kann.
Also man ist ja immer
das Singulär,
das im Idealfall,
wenn es alles richtig macht,
die eigene Herkunft versteckt.
Also ich finde,
die Assimilationsleistung
ist eine unfassbare.
Das heißt,
ich habe mich die ganze Zeit bemüht,
dass meine Herkunft
eben kein Thema ist,
dass niemand merkt,
dass ich mein Studileben
irgendwie auf Schwierigkeitslevel 5
spielen muss,
während die anderen
im Beginnermode sind,
damit ich eben
irgendwen noch dazugehören kann,
damit ich überhaupt
sprechfähig bin zu den anderen.
Das heißt,
ich habe ganz viele
meiner Erfahrungen
nicht geteilt.
Ich habe Jahre später,
wirklich viele,
viele Jahre später
mit einigen Leuten,
die damals mit mir
schon befreundet waren,
das ein oder andere
Gespräch darüber geführt
und die haben mich dann
immer alle mit ganz
erstaunten Augen an.
Das sind kluge Leute,
progressive Leute,
die dann zu mir sagen,
naja,
aber wir hatten ja alle
kein Geld damals.
Und ich so.
Das ist ein Unterschied,
ob du gerade die 5 Euro
nicht hast,
weil du erst morgen
zur Mama fährst
oder ob du nicht weißt,
ob sich die Miete ausgeht.
Genau.
Also diese Grundlegende
Einsamkeitserfahrung,
die ist,
also ich habe das immer
so beschrieben,
wenn ich erzähle,
wo ich herkomme,
tut sich so ein Graben auf
zwischen mir
und der anderen Person.
und das Ärgste habe ich
immer gefunden,
dass man dann damit
beschäftigt ist,
den Graben wieder
zuzuschütten,
der anderen Person
zu ermöglichen,
über diesen Graben
drüber zu steigen
und dann eben
die andere Person
für die eigene
Klassenherkunft
rösten zu müssen.
Das war für mich
das Schlimmste.
Darum habe ich
irgendwann auch
aufgehört,
darüber zu sprechen,
wo ich eigentlich herkomme,
weil ich wollte
die Arbeit nicht mehr
haben,
der anderen Person
die Hand dafür zu halten,
wie arg es nicht ist,
dass sie jetzt gehört hat,
wie arm ich eigentlich bin.
Voll.
Also bei mir war es
jetzt nicht so sehr
der Arbeiterhaushalt,
aus dem ich kam,
sondern es war
die Waldorfschulvergangenheit,
die ich massiv versteckt habe.
Das habe ich einmal probiert,
das an der Uni
jemandem zu erklären
und nachher nie wieder.
Also das war,
Uni war fix der Zeitpunkt,
wo ich aufgehört habe,
darüber zu reden,
auf welcher Schule ich war.
Also das hat sicher,
ich glaube,
eine Person hat das
damals noch erfahren
und das war es dann,
weil ich gesagt habe,
da jetzt jemandem
erklären zu müssen,
na, aus.
Also das war für mich
das, ja,
halt eine Rolle spielt dann.
Du spielst dann die Rolle,
dass du nicht negativ auffällst
und das möglichst wenig
weniger erklären musst
und ja,
ich stimme dir völlig zu,
das ist ein Riesengraben.
Genau.
Also ich habe ja
das große Glück,
dass meine Eltern
beide AkademikerInnen sind,
aber auch einige,
also meine Eltern sind
ArbeiterInnen,
Kinder,
haben genau von dieser Zeit
profitiert,
wo es Studierendenfreifahrt gab,
wo sich
auf den Unis
sehr viel getan hat,
wo die Hürde
reduziert wurde
und wo
auf einmal
sehr viel mehr Personen
eine Chance
bekommen haben,
auf die Uni zu gehen
und zu studieren,
wobei natürlich auch
damals so Dinge wie,
wenn du
alleinerziehende Mutter
warst,
war das Studium
gleich trotzdem
wieder um einiges
schwieriger
natürlich zu bewältigen
überhaupt,
wenn du
nichts,
also wenn du
einpendeln musstest
zum Studieren,
wenn der Weg
halt relativ weit war.
Ich kenne es
natürlich auch nur
Erzählungen von
meinen Eltern,
wie prägend
diese Zeit
für sie gewesen ist,
wo die
Sozialdemokratie
regiert hat,
wo es
ganz erhebliche
Verbesserungen
für Studierende gab,
also wo einfach
Zugangshürden
auch abgeschafft wurden.
Das bringt mich auch
so ein bisschen
zu meiner
nächsten Frage
an dich,
Barbara.
Also es ist ja
sowohl,
wenn man sich
das Programm
des
auch diesjährigen
Momentum-Kongresses
anschaut,
wo es um
das Thema
Wohlstand geht,
aber auch darum,
welche Themen
das Moment-Magazin
aufgreift
und das
Momentum-Institut
betreibt.
Also da ist ja
dieses Thema
Verteilung,
Verteilungsgerechtigkeit,
das steht ja
im Wesentlichen
über allem
und man denkt sich,
ja gut,
das Wohlstandslevel
ist ja
im Querschnitt
ja trotzdem
immer noch,
kommt ja auch
oft als Argument,
uns geht es ja so gut.
Also warum braucht
diese
Frage
der Verteilungsgerechtigkeit
einfach immer noch?
Weil Österreich
eine Klassengesellschaft ist,
die so tut,
als wäre sie keine
und irgendwer
muss ja sagen,
was ist.
Das wäre
meine kurze
Antwort.
Was meine ich damit?
Der ganz
grundsätzliche
Konflikt,
wenn man so möchte,
ist ja tatsächlich
nicht aufgelöst.
Er ist nur ein bisschen
besser versteckt
als früher.
Es gibt die große
Masse der Menschen
da draußen,
die ihre Arbeitskraft
verkaufen müssen,
damit sie irgendwie
ihr Leben finanzieren können
und es gibt
einen Bruchteil
von Menschen,
die diese Arbeitskraft
einkaufen können.
So,
und dieser ganz
grundlegende
Interessenskonflikt,
die einen wollen
die Arbeitskraft
um möglichst wenig
Geld einkaufen,
die anderen müssen
ihre Arbeitskraft
verkaufen und wollen
das um möglichst
viel Geld tun.
Dieser ganz grundsätzliche
Interessenskonflikt ist
nach wie vor
auch in Österreich
natürlich gültig.
Und ein Produkt
dieses Interessenskonflikts
ist natürlich auch
die Frage,
wie wird
Vermögen
verteilt?
Und da gibt es
ganz, ganz viele
Mechanismen,
die dazu führen,
dass wir
Vermögen
den Menschen
bevorzugen.
Das zeigt sich
an vielen Details
in unserem
Steuersystem.
Etwa wenn ich daran denke,
dass wir
jenes Einkommen,
das am härtesten
herzustellen ist,
nämlich Einkommen
durch Arbeit,
am höchsten besteuern,
während wir jenes Einkommen,
für das man wirklich
gar nichts tun muss,
außer geboren werden,
Einkommen durch Erben,
gar nicht besteuern.
Um nur ein Beispiel
zu geben,
auch Einkommen
aus Kapital,
also wenn das Geld
für einen arbeitet
und man nicht selbst arbeitet,
ist deutlich niedriger
besteuert als Einkommen
aus Arbeit.
All diese Details
führen dazu,
dass wir in Österreich
das Land innerhalb
der Europäischen Union
sind, das die höchste
Vermögenskonzentration
hat in ganz Europa.
Das eine,
das oberste Prozent
besitzt die Hälfte
des gesamten Vermögens,
das wir in Österreich
haben.
Naja,
und ich finde,
über diese Dinge
muss man sprechen.
Hast du den Eindruck,
dass da was vorangeht?
Oder,
also,
das ist eher mein Gefühl,
dass wir da eher
in eine komplett
verkehrte Gegenrichtung
stiefeln,
und zwar
in höchstem Tempo.
Aber das ist jetzt
nur mein Eindruck.
Aber wie schaut es
wirklich aus?
Wird das immer noch
schlimmer
oder tut sich da was?
Naja,
ich finde,
mehrere Dinge können
gleichzeitig wahr sein.
Das eine ist,
was sagt uns
die Statistik,
was sagen uns die Daten,
was sagen uns die Zahlen?
Das sage ich dir.
Dadurch,
dass wir steuerpolitisch
in der Vergangenheit
einige Entscheidungen
getroffen haben,
die Vermögen so krass
bevorzugen,
verschärft sich die
Vermögenskonzentration
zunehmend.
Ist ja auch klar.
Schauen wir es uns kurz an
beim Thema Erbschaft.
Ich weiß,
dass es die meisten Leute
stark aufregt.
Die allermeisten Menschen
in Österreich
erben nichts
oder fast nichts.
Die erben echt
kleine Netschbeträge.
Da hat die Oma
brav gespart
oder die Urstrumpfdant
oder irgendwer.
Und da kommt was daher.
Wir reden jetzt
von 10.000 Euro,
15.000 Euro,
30.000 Euro,
vielleicht 35.000 Euro.
Das sind die Beträge,
die wenn überhaupt
die unteren
30 bis 40 Prozent erben.
Das ist fast nichts.
Was machen diese Menschen,
wenn das Glück sie küsst
und sie tatsächlich
so eine Erbschaft erhalten?
Sie werden wahrscheinlich
einen Konsumkredit
zurückzahlen,
denn die meisten
dieser Haushalte
haben Schulden.
Oder sie renovieren
vielleicht ihre Küche.
Oder sie wohnen
vielleicht am Land
und brauchen dringend
ein neues Auto.
Dann kaufen sie sich das drum.
Und schon ist die Erbschaft weg.
Das oberste Prozent hingegen,
da erben so gut wie alle,
so fast 100 Prozent
im obersten Prozent
machen im Laufe ihres Lebens
eine Erbschaft.
Aber Achtung,
die sind schon vor der Erbschaft
im obersten Prozent.
Also die sind schon wahnsinnig
reich und kriegen
on top
noch eine Erbschaft dazu.
Kennen wir in der Wissenschaft
als das Prinzip
der Teufel scheißt
immer auf den größten Haufen.
Und diese Erbschaft
ist unfassbar groß.
Die spielt sich ab
im obersten Prozent
bei jenseits
der eineinhalb Millionen Euro.
Aber wenn ich schon
unfassbar reich bin
und dann noch
eineinhalb Millionen Euro
erbe,
was mache ich damit?
Dann kaufe ich mir
keine neue Küche
oder vielleicht auch das,
sondern ich kaufe mal
Wohnung oder Haus.
Das kann ich vermieten.
Habe also mein Leben lang
Mieteinkünfte.
So und jetzt spulen wir mal kurz vor.
Irgendwann kommt man selbst
ins höflich formuliert
erblassende Alter.
Die unteren 30 Prozent
rauschen ins Grab
und ihre Nachkommen
hauen ihnen
die Eudeschäsen
ins Grab nach.
Mit der kann wirklich
niemand mehr was anfangen.
Nach 40 Jahren
ist dieses Auto
gar nichts mehr wert.
Falls es überhaupt noch existiert.
Oben hingegen erben
die Kinder
nicht nur das Vermögen,
das die Eltern sowieso haben,
sondern
haben eine Wohnung
und Top dazu geerbt,
die über die Jahre
natürlich auch mehr wert
geworden ist.
Also die Wertsteigerung
kommt da oben drauf.
Das heißt,
oben erben die Kinder
selbst einmal mehr,
als die Eltern geerbt haben.
Unten hingegen nicht.
Und das ist die Mechanik,
die beim Erben dazu führt,
dass sich über die Jahre,
Jahrzehnte,
Jahrhunderte
oben
das Geld
immer mehr konzentriert,
während unten
es nur so durch die Finger rinnt.
Und da war noch keiner
amoralisch,
da ist noch keiner
bösartig,
das ist eine simple Mechanik.
Und um dieser Mechanik
etwas entgegenzusetzen,
haben zivilisierte
Gesellschaften,
übrigens bereits im alten Rom,
Erbschaftsstauern eingeführt.
Die sorgen nicht
für eine Umverteilung
über Nacht,
die beenden auch nicht
Vermögenskonzentration,
aber sie sorgen
für eine Verlangsamung
dieser Mechanik.
Also,
die Allerreichsten
werden weniger schnell
noch reicher.
Sie werden immer noch reicher,
aber weniger schnell.
Und zumindest
diese Mechanik
braucht es dringend wieder,
gerade deshalb,
weil in den nächsten
Jahren und Jahrzehnten
die vermögensde Generation,
die dieser Erbfall
je gesehen hat,
die Babyboomer,
ins erblassende Alter kommt.
Das heißt,
wir sehen,
dass in den nächsten Jahren
jedes Jahr
20 Milliarden Euro
steuerfrei vererbt werden.
Aber bevor jetzt
bei unseren Zuhörern
und Zuhörerinnen
der Sekt geöffnet wird,
die Hälfte
dieses Geldes
geht an das oberste
Prozent.
Da habe ich jetzt
gleich eine Frage
an dich dazu,
weil eigentlich,
wenn man sagt,
das geht wirklich
im Großen und Ganzen
wirklich ausschließlich
um das oberste Prozent,
warum gelingt es den Parteien,
die gegen die Erbschaftssteuer sind
oder den Organisationen
immer so gut,
das dann so auszubreiten,
als naja,
da willst du ans Häusel
von der Oma
und das kann sich doch keiner
leisten,
die Erbschaftssteuer
und da geht es dann
gegen die Kleinen.
warum gelingt es diesen
Organisationen
und Parteien
so gut,
das zu emotionalisieren
auf einer Ebene,
dass die Leute dann sagen,
na, also eigentlich bin ich
eh gegen die Erbschaftssteuer,
ich könnte ja mal was erben,
auch wenn sie nicht
zu einem Prozent gehören.
Wie geht es das?
Gute Frage,
da gibt es unterschiedliche
Gründe dafür.
Ich finde,
der wichtigste Grund dafür
ist die Frage,
wie ist unsere öffentliche
Arena gestaltet?
Wo diskutieren wir so Fragen
wie,
ist Erbschaftssteuern
eigentlich eine gute
oder eine schlechte Idee?
Dann würden die meisten sagen,
na, das diskutieren wir
in den Medien
und auf Social Media
und dann schauen wir uns
ganz kurz an,
wem gehören denn
unsere Medien?
Wir haben in Österreich
ja nur lächerliche
14 Tageszeitungen,
also nur zum Vergleich
in Schweden,
die sind ein bisschen
größer als Österreich,
aber jetzt auch nicht so viel,
die haben 80 Tageszeitungen,
also unsere Medienlandschaft
ist wirklich winzigst
und diese 14 Tageszeitungen
gehören zwölf
sehr reichen Menschen
beziehungsweise
Familien,
zwei Banken
und der katholischen Kirche.
So,
und jetzt
formulieren wir das mal
ganz simpel,
es ist nicht so,
als hätte entweder
die katholische Kirche
oder die Bank
oder die zwölf sehr reichen
Familien
ein gesteigertes Interesse
daran,
ausgewogen und fair
über die Sinnhaftigkeit
von Erbschaftssteuern
zu berichten.
Das heißt,
wenn du dir ansiehst,
wir haben das gemacht
für den Zeitraum
von 20 Jahren,
wie sieht denn
die Kommentarlandschaft aus?
Sind wir draufgekommen?
Alle Kommentare,
die erschienen sind
in 20 Jahren,
haben wir untersucht,
waren die das höher
oder dagegen
oder waren die neutral?
Kommt raus,
zwei Drittel aller Kommentare,
die erscheinen,
berichten über die Erbschaftssteuern
negativ.
Das ist doch interessant,
oder?
Wenn du dir nämlich dann
in die Umfragen gehst
und fragst,
okay,
vielleicht sind ja auch
alle Österreicher Ihnen dagegen,
dann ist ja nur okay,
wenn die Zeitungen auch
dagegen schreiben.
Kommst aber drauf,
na,
ist nicht so.
In den letzten 20 Jahren
gibt es keine publizierte Umfrage,
wo es nicht eine qualifizierte
Mehrheit für die Einführung
dieser Steuern gäbe.
Das heißt,
das,
was wir in den Zeitungen lesen,
ist tatsächlich nicht das,
was das Land denkt.
Das ist mal der erste Punkt.
Der zweite Punkt,
der eine ganz,
ganz zentrale Rolle spielt,
ist,
dass es eine richtige,
Martin Schürz,
der Vermögensforscher
der österreichischen Nationalbank
nennt das immer so schön,
es gibt eine
Vermögensverteidigungsindustrie
und die besteht nicht nur
aus den Zeitungsinhabern,
sondern die besteht vor allem
auch aus zahlreichen
Wirtschaftsforschungsinstituten,
die maßgeblich oder ausschließlich
aus Wirtschaft und Industrie
finanziert werden,
die als vermeintlich
unabhängige Experten
Stimmung gegen Vermögens-
und Erbschaftssteuern machen.
Und in diesem
Konzert,
wir haben Zeitungen,
die sind dagegen,
wir haben die
Wirtschaftsforschung,
die ist dagegen,
bleibt niemand mehr über,
der das Thema überhaupt
zum Thema macht,
außer die
Arbeitnehmerbewegung.
Und dann würde ich mal meinen,
gab es eine
nicht so kurze Phase,
wo selbst die
Arbeitnehmerbewegung
irgendwie vergessen hat,
für wen sie eigentlich
arbeitet.
Das war übrigens die Phase
meiner eigenen
Politisierung,
wo innerhalb
zum Beispiel
der Sozialdemokratie
nicht klar war,
was haben wir jetzt eigentlich
für oder gegen Vermögen
steuern.
Aber wenn nicht einmal die
Arbeitnehmerbewegung mehr
kampanisiert für diese
Geschichte,
dann gibt es halt überhaupt
niemanden mehr.
Und da hat die
progressive Seite,
würde ich meinen,
mindestens ein Jahrzehnt
verloren.
Ein Jahrzehnt.
Das heißt,
weil es ist ein Jahrzehnt
passiert, wo das überhaupt
gar kein Thema war,
wo das in den Zeitungen
nicht stand, wo niemand
drüber gesprochen hat
und wenn, dann negativ.
Das ist ein Jahrzehnt,
das hat auf Leute
eingewirkt.
Also, dass wir hier,
sagen wir mal,
in der Diskurshoheit
einige Kilometer
verloren haben,
das liegt irgendwie
auf der Hand.
Ich glaube,
dass wir da wieder
Meter gut gemacht haben.
Keine Kilometer,
aber Meter,
was viel damit zu tun hat,
dass sich international
da ein bisschen was bewegt hat.
Wenn ich etwa in die USA schaue
oder nach Großbritannien
oder nach Frankreich,
geht die,
wenn wir mal die politische Diskussion
jetzt wieder in eine Richtung verstärkt,
wo zumindest die progressive Seite
dieser Länder sagt,
Alter, das braucht es.
Alles andere ist Wahnsinn.
Das ist positiv.
Ich merke das von so Geschichten wie,
ich gebe euch ein Beispiel,
als ich 14, 15, 16, 17 war
und begonnen habe,
politisch aktiv zu sein,
war der Begriff Klasse
oder Klassenkampf
völlig desavouillant.
Desavouillant.
Das konnte man nicht sagen,
ohne dass die Leute
nicht die Augen gerollt haben
und gesagt haben,
was ist mit dir,
bist du in die Sowjetunion
oder was?
Also es war nicht möglich,
diesen Begriff zu verwenden.
Er war völlig verbrannt.
Das hat sich verändert.
Mittlerweile kann man
die Klassenfrage wieder ansprechen,
ohne dass allgemeines
Nasenrumpfen stattfindet.
Ich glaube noch nicht,
dass wir bald am Ziel sind,
aber ich glaube,
dass sich die diskursive Mehrheit
wieder in eine Richtung schiebt,
wo aus einer
gesellschaftlichen Mehrheit,
die haben wir ja schon,
vielleicht auch eine
politische Mehrheit.
Dann stelle ich gleich
meine Anschlussfrage,
weil ich höre,
ich bin immer gern,
ich tue immer gern was.
Also ich bin da lieber,
mag nicht gern nur sagen,
ja so ist das.
Was können wir jetzt machen
als Progressive,
die sagen,
okay,
die arbeiten jetzt
gegen uns seit,
wie heißt es,
seit einem Jahrzehnt,
seit Jahrzehnten,
auf einer total emotionalen Ebene,
wo man dann im Prinzip
schon von der Oma
das Häusl verpfändet sieht,
weil sich keiner leisten kann,
die Erbschaftsteuer.
Was können wir dem
jetzt entgegensetzen,
wie gestalten wir das Narrativ,
was können wir tun,
dass wir da Land gewinnen?
Also ich glaube,
das Allerwichtigste ist,
darüber zu sprechen.
Nichts anderes haben wir nämlich.
Das ist ein bisschen erschütternd,
aber das muss uns klar sein.
Wir können uns keine Kronenzeitung kaufen,
wir wissen nicht René Benko.
Wir können auch kein Servus-TV gründen,
wir wissen nicht die Dematischitz.
Also uns fehlt das Kleingeld,
um einen medialen Faktor
in die Welt zu stellen,
der diese Bedeutung
in so kurzer Zeit erringen könnte.
Was wir aber schon haben,
ist die Tatsache,
dass wir mehr sind.
Die Menschen,
die von der Erbschaftsteuer
massiv profitieren würden,
nicht weil sie es zahlen,
weil sie eben sowieso nichts,
aber weil mit mehr Staatseinnahmen
mehr öffentliches Vermögen
geschaffen werden kann,
von dem die untere Hälfte
der Bevölkerung viel mehr profitiert
als die obere Hälfte.
Das ist eine Tatsache,
die ist unumstritten.
Wir sind die Mehrheit.
Diese Mehrheit muss man organisieren
und ich glaube,
ein Mittel dazu,
und das haben wir
in den letzten Jahrzehnten
auch total vergessen,
ist die persönliche Auseinandersetzung.
Das reicht von Hausbesuchen
über das Gespräch in der Teeküter,
über die Gründung eines Betriebsrats,
über das Posten in den sozialen Medien,
über das Schreiben von Leserinnenbriefen.
Jeder und jede von uns,
der hier sitzt
oder der uns heute zuhört,
muss sich klar sein,
er oder sie hat auch eine Stimme.
Die Frage ist,
nützt er sie?
Ich habe manchmal ein bisschen den Eindruck,
dass allzu viel
über eine vermeintliche Spaltung
der Gesellschaft gesprochen wird.
Also,
wenn ich mir jetzt die USA anschaue,
wo die Entwicklung eine andere
und sehr viel längere war,
dann sage ich,
okay,
da kommt das mit der Spaltung,
die sich da seit den 70er Jahren,
ab,
oder sogar schon 60er Jahren entwickelt hat.
Also,
diese Polarisierung
kommt noch hin.
Bei uns,
denke ich mir,
in Österreich,
denke ich mir,
da wird sehr oft
ein bisschen zu überstrapaziert,
diese Spaltungserzählung.
Und ich habe manchmal den Eindruck,
dass das auch
eine gewisse Absicht ist,
um eben zu vermitteln,
seid nicht zu laut,
fordert nicht zu stark
eure Rechte ein
oder stellt keine allzu hohen Ansprüche,
weil damit spaltet ihr nur
und damit bringt ihr sozusagen
Unfrieden
in die Gesellschaft
oder in die gemeinsame Auseinandersetzung.
Was sagst du dazu,
Barbara,
sehe ich das richtig
oder drohen wir zu kippen
in einen Modus
Trump
oder in die Richtung USA?
Oder gibt es noch Hoffnung?
Es gibt immer Hoffnung.
Es gibt immer Hoffnung.
Da bin ich ganz bei James Baldwin,
der hat das auch mal gesagt.
Selbst wenn ich selbst nicht glaube,
ich habe nicht das Recht,
irgendeinem einzigen Kind
auf diesem Erdball
seine Hoffnung zu nehmen.
Es ist meine verdammte Verpflichtung,
Hoffnung zu haben.
Also das mal vorangestellt.
Zur Frage,
sind wir ein gespaltenes Land,
ja oder nein?
Ich finde,
das ist ein bisschen vielschichtiger.
Ich gebe dir völlig recht,
dass die vermeintliche Spaltung
und der Vorwurf des Spaltens
einer ist,
der dazu genützt wird,
um Leute mundtot zu machen.
Ich finde,
es gibt ein schönes Beispiel,
wo man das gut beobachten kann.
Das ist die gesamte Auseinandersetzung
rund um die Klimakrise.
Jedes Mal,
wenn die letzte Generation
sich auf die Straße stellt
oder auf die Straße klebt,
kriegen die quasi
den Vorwurf,
aha,
das sind die Zerstörer
der Normalität,
die spalten das Land,
die polarisieren,
die sind extremistisch etc.
also nicht das Problem stört uns,
nämlich,
dass wir auf einen
unsteuerbaren Klimakipppunkt
zu rudern.
Es stört uns nicht,
dass allein 100 Konzerne
auf dieser Welt
für 70% der CO2-Emissionen
verantwortlich sind
und ihre Eigentümer
extrem gut
an der Zerstörung
des Planeten verdienen.
Es stört uns nicht,
dass jemand wie Musk
ganz offen sagt,
dass die Klimaapokalypse
kommen wird,
aber er sein Reichtum
natürlich nicht dafür einsetzt,
ihn zu verhindern,
sondern er maßgeblich
daran beteiligt,
es gut daran zu verdienen.
Alles ist uns wurscht,
aber die Klimakleber,
die zerstören unsere Normalität.
Eine völlig verrückte Normalität,
auf die wir uns alle
miteinander einlassen,
indem wir so tun,
als wäre es normal,
dass eine kleine Minderheit
Raubbau an unserem Planeten
und an unseren Zukunftschancen
und im Leben unserer Kinder betreibt.
Aber gut,
das ist ja mal dahingestellt.
Also diese Art von
konstruierter
Aha,
du spaltest
Konstruktion,
das sehen wir
immer wieder.
Ich fand das auch
im letzten Wahlkampf
sehr deutlich,
wenn sich der ehemalige
Kanzel Nehammer
selbst auf Instagram
hinstellt und sagt,
das sind die Zerstörer
der Normalität,
das sind unsere Feinde.
Was wirklich absurd ist.
Sie zeigen oft das Problem,
sie sind nicht das Problem.
Das war das Erste.
Die andere Frage,
wie steht es um
andere Spaltungsmuster
in diesem Land?
Dann würde ich meinen,
dass wir schon eine,
wie formuliere ich das,
ich würde mir wünschen,
wir hätten eine Kultur
in diesem Land,
die es ermöglichen würde,
über Interessenskonflikte
zu sprechen
und die klar zu benennen.
Nur keine Willen,
na nicht streiten,
schon gar nicht am Balkon,
was auch immer.
Also das ist eine Sache,
die ist im politischen Diskurs
extrem stark.
Jedes Mal,
wenn innerhalb,
egal wie die Koalition ausschaut,
innerhalb einer Koalition
ein Streit passiert,
sind die Zeitungen voll mit
Aha,
schon wieder zerstritten,
das ist aber ein Problem.
Das Wesen von Demokratie ist,
über Interessenskonflikte
zu streiten.
Deshalb haben wir sie gegründet.
dafür ist die da.
Das muss man aushalten können
als erwachsener und mündiger Mensch.
Ich will ja wissen,
wofür die stehen
und dass die hoffentlich
Unterschiede haben,
weil sonst habe ich genau
kein Angebot als Wähler oder Wählerin,
sondern es ist eine Einheitspartei,
das würde ich nicht wollen.
Also der Wunsch nach Stille,
der Wunsch nach nur Karnevern
ist im Kern
ein antidemokratischer Wunsch.
Gut,
den haben wir leider
die letzten Jahrzehnte
sehr stark bedient.
Ich finde auch in den eigenen,
wenn du so möchtest,
progressiven Reihen
hat es dazu geführt,
dass eine offensive Auseinandersetzung
eher kritisch beäugt wird.
Ich glaube aber,
dass es notwendig ist,
lautstark und klar zu machen,
wofür man steht
und wofür man kämpft,
weil nur dann können Leute sich entscheiden,
sich dieser Sache anzuschließen.
Lari-Fari-Lauwarn
lockt niemand hinter dem Ofen hervor.
Na gut,
also das nur als zweiter Punkt.
Und die dritte Sache,
die ich schon ganz klar benennen würde,
ist, es gibt ganz klar
eine Spaltung in diesem Land.
Das ist aber nicht die Spaltung
von links und rechts.
Das ist auch nicht die Spaltung
von Stadt und Land
oder Alt und Jung
oder Mann oder Frau.
Für mich läuft die zentrale
Konfliktlinie zwischen oben und unten.
Und das ist ja auch das,
was du,
was ihr immer wieder,
immer wieder thematisiert.
Egal um welches,
also um welche politische Materie es geht.
Also an alle HörerInnen,
großer Tipp,
wenn ihr es noch nicht kennt,
Momentum Institut
und Moment.at,
da gibt es Content
für jede
Stammtisch-Diskussion.
Da kann man sich aufmunitionieren
bis unter die Schädeldecke
mit Zahlen, Daten,
Fakten,
Spins,
Geschichten,
mit allem drum und dran
und natürlich auch
auf sämtlichen Social-Media-Kanälen.
Also ich glaube jetzt nicht,
dass unsere ZuhörerInnen,
dass da viele dabei sind,
die es noch nicht kennen,
aber es ist natürlich,
keine Werbeanschaltung
unbedingt anschauen.
Wir haben natürlich
im Vorfeld ein bisschen recherchiert
und sind da auf ein Bühnenprogramm
von dir gestoßen,
liebe Barbara.
Magst du da noch kurz,
also ich glaube es ist so weitestgehend ausverkauft
oder gänzlich ausverkauft,
aber magst du da noch kurz drüber sprechen?
Es geht ja da,
wenn ich richtig informiert bin,
um Feminismus.
Ja, da bist du ganz richtig informiert.
Vielleicht noch ein Gedanke vorangestellt,
der ein bisschen erklärt,
warum ich das mache.
Ich habe vorher gesagt,
jeder von uns hat eine Stimme.
Die Frage ist,
ob wir sie nützen.
Und ich habe mich die letzten Jahre
sehr stark bemüht,
eine Stimme zu sein
in traditionellen Medienformaten.
Ich habe mich bemüht,
eine Stimme zu sein
in den sozialen Netzwerken.
Gemeinsam mit dem Team
von Momentum,
grafiken Videos,
du hast es gerade auch erwähnt,
versuchen wir,
Informationen so aufzubereiten,
gerade auch über Wirtschaft,
dass alle diese Sachen
verstehen können.
Auch wenn sie nicht
Volkswirtschaft studiert haben.
Und damit meine ich ganz wesentlich
vor allem Folgendes.
Ich finde,
es ist demokratiepolitisch
absolut notwendig.
Und ich finde,
da müssten wir viel härter einfordern,
dass das Standard wäre,
von egal welchem
Wirtschaftsforschungsinstitut
oder auch von den Universitäten.
Warum?
Weil Wirtschaft betrifft
unsere aller Lebensbereiche.
Und wenn die Debatte
darüber so geführt wird,
dass man absichtlich
schwierige Wörter verwendet
oder die Dinge so kompliziert
formuliert,
dass jeder aussteigt,
kann der Großteil
der Menschen
in diesem Land
über diese Fragen
nicht mitdiskutieren.
Und das finde ich inakzeptabel.
Also deshalb war für mich
so wichtig,
klar zu sagen,
geht es einmal runter
von diesem Komplexitätsding.
Das heißt ja nicht,
dass man deshalb dumme Sachen sagt,
überhaupt nicht,
sondern es geht einfach darum,
dass man sie einfach sagt.
Das ist ein Riesenunterschied.
Einfach,
aber nicht deppert.
So,
und eine
nächste Stufe
in diesem Kontext war,
dass ich mir gedacht habe,
noch besser wäre natürlich,
die Leute würden nicht nur
die Information mitkriegen können,
sondern sie wären auch noch
gut unterhalten.
Wie machte man das?
Aha,
man könnte ja was machen
in Richtung Kabarett und Comedy
und habe dann begonnen,
zu verschiedenen Themen
so Kabarettabende zu entwickeln.
Der,
der mir am meisten Spaß gemacht hat,
war der Frauen- und Feminismusabend
und habe darum dann
ein paar Termine
in ganz Österreich angeboten,
die auf magische Weise
quasi über Nacht ausverkauft waren.
Und jetzt haben wir darum
extra noch gesagt,
gut,
wir tragen das weiter in den Herbst.
Das heißt,
auf der Öl-Ticket-Seite
gibt es für den Herbst
noch Karten
für neue Termine
zum Thema Feminismus
für alle.
Perfekt,
das kommt,
danke für den Hinweis,
kommt natürlich in die Shownotes.
Danke.
Wenn noch jemand Karten sucht,
ich glaube,
die Sarah
hat noch eine ganz wichtige Frage
an dich,
eine Frage,
die wir immer
allen unseren
NestInnen stellen.
Okay.
Die Frage,
ich bin völlig überzeugt,
dass dir das ab und zu passiert,
dass du
What the Fuck denkst.
Das kann ein positives
oder ein negatives
What the Fuck sein,
solange du es uns erzählen magst.
Also ein positives
im Sinn von,
du bist total positiv
und irgendwas überrascht,
denkst dir,
What the Fuck,
das gibt es auch.
Oder eben,
naja,
so das übliche What the Fuck,
wie man es eher kennt.
Darf ich zwei Sachen erzählen
oder darfst du eine sagen?
Selbstverständlich.
Okay.
Willkürliche Beispiele,
weil beide letzte Woche
passiert sind.
Ein positives,
ein negatives.
Ich habe in Graz
einen Workshop trainiert
zum Thema
Feminismus für EinsteigerInnen
und bin am Abend
dann noch spazieren gegangen,
weil ich bin eh
den ganzen Tag gesessen,
bin durch die Stadt gelaufen,
es war ein sonniger
früher Abend
und dann spricht mich
auf einmal ein Mann an,
wie denn mein Tag so war
und ich spüre intuitiv,
das ist jetzt keine gute Situation
und rund um uns war,
es war hellig der Tag,
aber rund um uns war keiner,
es war irgendwie ein verlassenes Eck
und lüge ihm dann irgendwie vor,
ich gehe jetzt heim
zu meinem Mann
und zu meinen Kindern,
die ich zwar schon habe,
aber nicht in dieser Stadt
und dann sagt er,
ach, das ist ja schade,
ich solle doch noch mit ihm
in dieses Parkhaus gehen,
er hätte einiges vor mit mir
und ihr könnt euch
ungefähr vorstellen,
was da noch kam.
Und ich habe dann mich
schleunigst aus der Situation bewegt,
der ist mir Gott sei Dank
nicht nachgelaufen
und so 100, 200 Meter weiter
spüre ich richtig,
wie man dann,
also das Adrenalin schießt
durch den Körper
und mir zittern die Knie
und mein Gedanke war,
oh, what the fuck,
das hätte echt,
echt scheiße ausgehen können.
Wißt du, was ich meine?
Das war ein negatives,
what the fuck
und es war besonders,
finde ich,
bemerkenswert,
weil es war nach einem Tag
Feminismustraining
und dann passiert so was
und dann denkst du,
das gibt es ja gar nicht,
das kann ja nicht wahr sein.
Na gut,
das war mein negatives
what the fuck,
positiv,
zwei Tage später war ich
in Innsbruck,
da habe ich einen Vortrag
erhalten zum Thema
Klimagerechtigkeit,
danach gab es noch
so eine Frage-Antwort-Session,
die Veranstaltung ist vorbei,
ich stehe draußen,
warte,
dass ich mein Teufel komme,
damit ich verrückt
in den Bahnhof komme
und dann kommt eine Frau
und spricht mich kurz an
und sagt,
ich war gerade in ihrem Vortrag
und ich sage ja
und dann sagt sie,
sie haben in dieser
Frage- und Antwort-Session gesagt,
weil eine andere Person
hat mich das gefragt,
wie kriegen wir die FPÖ-Wähler
wieder normal
und was können wir tun,
damit die FPÖ-Wähler
endlich die Klimakrise
ernst nehmen
und ich hatte geantwortet,
die FPÖ-Wähler
sind nicht das Problem.
Auch FPÖ-Wähler
finden die Klimakrise
ein Problem.
so, das war so ungefähr
meine Antwort
und sie kommt zu mir
und sagt,
ich wollte mich bedanken,
ich bin FPÖ-Wählerin gewesen
und habe sie auch
bei der letzten Wahl gewählt,
aber ich finde,
die Klimakrise ist total
das Problem
und es macht mir große Sorgen
und ich wollte mich bedanken,
dass sie darauf hinweisen,
dass nicht jeder FPÖ-Wähler
die Klimakrise
für eine Erfindung hält.
Das ist nämlich nicht so
und ich muss jetzt
viel darüber nachdenken,
weil ich habe auch viel
über Vermögensverteilung
und solche Sachen gesprochen
und ich muss für mich
jetzt darüber nachdenken,
ob ich das nächste Mal
noch FPÖ wählen kann.
Vielen Dank dafür
und dann ist sie gegangen
und dann habe ich mir
auch gedacht,
what the fuck,
wenn ich nur diese eine Person
erreicht habe
mit diesem Vortrag,
habe ich die Welt verändert.
That's something.
Ja, that's something.
That's really something, ja.
Das ist ja eine wunderschöne Perspektive
für den Abschluss, finde ich.
Ja.
Finde ich auch.
Ich finde,
dass das hinterlässt
etwas hoffnungsvoll ist.
dass man sich einzelne Leute
holen kann wieder.
Das glaube ich ganz stark.
Das glaube ich ganz stark.
Deshalb muss man sich
in den Wind stellen
und man muss
in die Auseinandersetzung gehen
und man muss
das Feuer,
das man selber spürt,
für eine Sache
oder eine Sache,
das muss man einfach
weiterreichen.
Wisst ihr,
was ich meine?
Ich bin ganz,
ganz,
ganz,
ganz,
ganz,
ganz stark davon überzeugt,
dass die allermeisten Menschen
eigentlich wollen,
dass die Welt
ein besserer
und gerechterer Ort wird.
Ich glaube,
vielen fehlt die Perspektive,
vielen fehlt das,
aber wie machen wir das?
Vielen fehlt vielleicht
der Antrieb
oder das Engagement,
aber am Ende des Tages
würden die allermeisten mitmachen,
wenn man sie
in einem persönlichen Gespräch
darum fragt.
Das muss halt wer machen.
Das ist ein wunderschönes Schlusswort.
Barbara,
ganz,
ganz herzlichen Dank,
dass du dir die Zeit genommen hast,
mit uns zu plaudern.
War wieder sehr schön.
Sehr,
sehr gerne.
Ich möchte mich
ganz herzlich
für die Einladung bedanken.
Und dann bleibt mir noch,
mich von unseren Zuhörenden
zu verabschieden
und einstweilen könnt ihr uns gerne
Rezensionen hinterlassen
oder uns auf
Social Media kontaktieren.
Tschüss.
Ciao.
Ciao.