ÖsterreichWTF?!

Sarah Grundner/Kathrin Quatember

Folge 12: Mit Barbara Blaha

Der weite Weg von Simmering an die Uni. Von großen Gräben, hohen Hürden und dem Wunsch nach mehr Gerechtigkeit

25.06.2025 58 min

Zusammenfassung & Show Notes

Wir begrüßen Barbara Blaha im Studio und sprechen mit ihr übers Tangotanzen, ihre Politisierung, den weiten Weg von Simmering an die Uni und warum sie für Verteilungsgerechtigkeit und die Klassenfrage kämpft. 

Zu Barbara Blaha:
Barbara Blaha  ist eine österreichische Autorin, Gründerin des Momentum Institut, Herausgeberin des dazugehörigen Moment Magazin und ehemalige Vorsitzende der Österreichischen Hochschüler*innenschaft.

Instagram: @blahabarbarin


Wir sind Kathrin und Sarah und unterhalten uns mit Menschen, die ihr aus völlig anderen Zusammenhängen kennt über außergewöhnliche Dinge, die ihr bisher nicht wusstet.
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Transkript

Hey, wir sind Katrin, die meisten von euch kennen mich unter dem Spitznamen Quati und Sarah mit Österreich What the Fuck. Wir stellen unseren Gästen die Fragen, die ihnen sonst keiner stellt und erfahren so viele Dinge, von denen ihr keine Ahnung hattet, dass ihr sie über unsere Gäste wissen. Was the fuck? Wir haben natürlich einen Fahrplan für unseren Podcast. Wir steigen ein mit der Frage nach der nicht so offensichtlichen Expertise, den geheimen Leidenschaften und Hobbys der österreichischen und deutschen Prominenz an gescheiten und interessanten Menschen, für die sie eher nicht so bekannt sind. Heute ist bei uns Barbara Blaha zu Gast. Barbara, du bist Autorin, Gründerin des Momentum Instituts, Herausgeberin des dazugehörigen Moment Magazins, ehemalige Vorsitzende der ÖH. Habe ich was Wichtiges vergessen? Ich war auch lange im Verlagswesen zum Beispiel, aber, weißt du, vergangene Leben, was ist daran schon wichtig? Ich habe ja gehört, dass du angeblich auch passionierte Tango-Tänzerin bist. Das ist tatsächlich so. Tango habe ich entdeckt, als ich für ein paar Monate in New York war. Ich habe da ein Verwaltungspraktikum an der österreichischen Botschaft gemacht und bin eines Abends durch die Stadt spaziert, eigentlich ohne Plan und Ziel. Da gibt es den Hudson River und die haben so schöne, schöne Holzpiers in den Fluss hineingebaut und es war ein sonniger Sommerabend. Und ich habe mich da an diesem Pier gesetzt und der Zeit beim Vergehen zugeschaut und auf einmal merke ich, wie so eine Gruppe an Menschen beginnt, eine Musikbox aufzubauen und allerlei Sachen aufzubauen. Und dann kam sehr schnell eine Gruppe von sicher 50 Menschen zusammen, die gemeinsam im freien Tango getanzt haben. Und ich habe ihnen dabei zugeschaut und habe mir gedacht, boah, das möchte ich auch können. Warum? Nicht nur, weil es beeindruckend aussieht, sondern weil ich den Eindruck hatte, alle diese Menschen sind wahnsinnig glücklich in dem Moment, wo sie tanzen. Zurück in Österreich habe ich mir dann einen Tango-Kurs gesucht und habe es tatsächlich gelernt. Das Besondere am Tango ist nämlich, wer es nicht tanzen kann, der weiß es nicht. Viele Standardtänzer haben eine fixe Schrittfolge. Das heißt, man weiß, man kann mitzählen oder man weiß, aha, der dritte Schritt geht so, der vierte so. Tango hingegen ist ein Tanz, wo du keine fixe Schrittfolge hast. Das heißt, wenn du der Führende bist, die Person, mit der du tanzt, führen und wenn du geführt wirst, musst du mit der Person tatsächlich im Einklang sein. Um überhaupt zu checken, was ist der nächste Schritt. Und das zwingt dich dazu, wahnsinnig präsent zu sein. Du kannst nur in der Gegenwart sein. Du kannst nicht an die Einkaufsliste denken, nicht an das Zu-du-von-morgen, nicht an den mühsamen Arbeitskollegen. Du bist in der Sekunde nur beim Tanz. Das holt dich so in die Gegenwart wie fast nichts anderes. Ich kenne das sonst nur vom Spiel mit Kindern. Dieses im Jetzt-und-hier-Sein, das ist ja was sehr Politisches auch, denke ich mir. Also einfach so sich im Moment, im Momentum bewegen und sich auch spüren dabei. Wie viel Zeit hast du überhaupt bei deinem ganzen Engagement und bei allem, was du machst? Du bist ja überall gefühlt. Also es ist ja unglaublich. Es vergeht kein Tag, wo man nicht über sich drüber fällt. Wie viel Zeit bleibt dir eigentlich da fürs Tanzen noch übrig? Viel zu wenig, sage ich ganz ehrlich. Aber ich habe mich das letzte Semester dazu gezwungen, mir wieder Zeit dafür zu nehmen und habe einen Korean-Tango-Tanzkurs gemacht, weil ich auch gerne lernen wollte, zu führen. Bis jetzt konnte ich nur geführt werden und ich wollte gerne das Gegenüber auch kennenlernen. Also auch herausfinden, wie es eigentlich ist, eine andere Person durch den Tanz zu begleiten. Dürfen wir fragen, wo man diesen Kurs machen kann? Vielleicht interessiert es uns eine Hörer. Ja, das gibt es in Lillis Ballroom. Das ist ein Tanzstudio im 9. Bezirk. Und die bieten Tango-Kurse an, wo Führende und Geführte gemeinsam beide Rollen lernen. Das macht den Lernprozess ein bisschen langsamer, aber ich finde, umso intensiver, weil du beide Perspektiven lernst. Wie fühlt es sich an, zu führen? Wie fühlt es sich an, geführt zu werden? Und es ist so wahnsinnig lustig, die Führende zu sein, wenn man mit einem Mann tanzt. Also wir sind auch echt überfordert. Das kann ich mir jetzt nicht vorstellen. Ich kann mir noch, in grauer Vorzeit habe ich einen Tanzkurs gemacht. Das ist ja irgendwie so in der sechsten Klasse, Güm ist ja bei uns immer. Der muss ja unbedingt einen Tanzkurs machen. Und ich kann mich noch erinnern, das war in der Tanzschule. Ich habe immer aus dem Hintergrund gehört, bei dem paar Führende nicht schon wieder. Ich kann mir überhaupt vorstellen, wie das ist, nicht zu führen. Deswegen kann ich Gesellschaftstänze auch nicht, weil ich bin dann immer irgendwie, ich weiß gar nicht, wie das ist, nicht zu versuchen zu führen. Das ist ja sehr unangenehm gewesen dann immer, weil natürlich Takt zu finden war da eher schwierig. Ich habe es bleiben lassen. Was macht dir mehr Spaß? Führen oder geführt werden? Beides ist interessant. Beides ist ganz unterschiedlich. Ich fand tatsächlich, dass es schwieriger ist zu führen, weil die gesamte Verantwortungslast ist lastet auf deinen Schultern. Weil du musst ja dafür sorgen, dass deine Tanzpartnerin oder dein Tanzpartner nicht in andere hineintanzt, dass du gut signalisierst, was der nächste Schritt ist. Also man ist viel geforderter, war mein Eindruck, als jemand, der als geführt werden. Das kann an manchen Abenden schön sein. Das ist an manchen Abenden auch so, dass ich mir gedacht habe, ich möchte eigentlich nur geführt werden. Ich will überhaupt keine Entscheidung mehr treffen. Ich bin entscheidungsmüde für heute. Also kommt auf die Tagesverfassungen, was mir Spaß macht. Also tatsächlich sehr politisch, weil die Last auf den Schultern und das zu müde sein für Verantwortung übernehmen, Das ist ja etwas, das dich auch in deiner kommunikativen Arbeit, in deiner politischen Arbeit, in deiner inhaltlichen Arbeit ständig begleitet, diese Frage, wenn man es denn so sagen will. Und was mich ja unglaublich interessiert, Barbara, wie oder was, nicht was hat dich so radikalisiert, sondern was hat dich so politisiert? Warum bist du heute da, wo du bist? Und warum liegen dir diese Themen so am Herzen, wie sie dir am Herzen liegen? Es gibt nicht das eine Ereignis, das mich politisiert hat. Ich glaube, das waren viele, viele verschiedene Ereignisse, die in Summe dazu geführt haben, dass ich heute der Mensch bin, der ich bin. Ganz wesentlich für meine Geschichte ist sicher die Geschichte meiner Herkunft. Ich komme aus einer Arbeiterfamilie aus Wien-Zimmering. Ich bin ein Kind von sieben. Ich habe drei Brüder und drei Schwestern. Wir waren eine Familie mit vielen Kindern, aber mit wenig Geld. Und ich habe sehr früh erfahren, dass die Frage der Herkunft sehr entscheidend ist für die Frage, welche Chancen du im Leben hast. Als ich in der vierten Klasse Volksschule war, hat meine Volksschullehrerin damals zu mir gesagt, ich bin mir nicht sicher, ob das Gymnasium das Richtige für dich ist. Die Lehrerin war weder bösartig noch gemein. Die hat sehr genau abgewogen, ob jemand mit meinem sozialen Hintergrund überhaupt eine Chance am Gymnasium hat. Denn Gymnasium heißt, dass die Hauptbildungsarbeit halt immer noch am Küchentisch oder besser noch am eigenen Schreibtisch passiert, dass sowas wie Hausübungen oder Lernunterstützung gefordert ist und dass in den allermeisten Fällen auch Nachhilfestunden bezahlt werden müssen. Lauter Dinge, die eine Familie mit nur einem Kinderzimmer und so vielen Kindern eigentlich nicht bieten kann. Ich bin auch sicher, dass die Lehrerin sich dachte, jemand wie ich wird vielleicht auch glücklich mit dem Platz, den das Leben eigentlich für ihn vorgesehen hat. Und das wäre der klassische Weg in Richtung Lehre gewesen. Und sehr früh auch die Möglichkeit, eigenes Geld zu verdienen. Geld, das in meiner Familie dringend gebraucht worden wäre. Und ich habe aber schon mit zehn, neun war ich damals, ich habe schon mit neun gespürt, das ist total falsch. Das ist total falsch. Ich bin gerne in die Schule gegangen. Ich habe sehr früh lesen gelernt. Ich hatte einen großen Wortschatz. Meine Noten waren gut. Also ich wusste, ich habe mindestens das Zeug dazu, auf diese Schule zu kommen. Und das Interessante an dem Moment für mich damals war, Mir hat niemals jemand gesagt, das Gymnasium ist besser. Oder mit dem Gymnasium sind irgendwelche besonderen Chancen verbunden. Aber ich wusste es, so wie ich wusste, dass das Wasser nass ist oder der Himmel blau, dass das die besseren Lebenschancen sind, wenn man aufs Gymnasium kommt. Und dass es wirklich wichtig ist, es dahin zu schaffen. Also ich finde, der Bildungsdruck, selbst wenn es die Eltern nicht formulieren, ist für Kinder in dem Alter schon vollkommen klar. Wir wissen ganz genau, Restschule, gute Schule. Selbst wenn man es den Kindern nicht ausbuchstabiert, sie checken das, weil sie es im Umfeld bemerken und weil sie merken, wie wir über Menschen sprechen, die eben keine höhere Bildung haben. Weil sie implizit mitbekommen, dass das die besseren Menschen sind. Also besser im Sinne von besser bezahlt. Mehr Möglichkeiten, mehr Freizeit, mehr Urlaub, mehr alles. Genau. Dass ich es dann auch aufs Gymnasium geschafft habe, war ein Glück tatsächlich. Ich weiß bis heute nicht, ob meine Mutter sich dafür eingesetzt hat, ob meine Direktorin ein Machtwort gesprochen hat. Meine Volksschullehrerin wollte mich eigentlich nicht ins Gymnasium versetzen. Mit viel Glück habe ich das dann noch geschafft. Und eine zweite ganz wesentliche Erfahrung, die ich gemacht habe, das war dann schon auf dem Gymnasium. Ich habe mit 13 begonnen, für die Schulzeitung zu arbeiten. Die achten Klassen haben damals eingeladen, die Redaktionssitzung. Und ich habe mit 13 zu meiner Mutter gesagt, ja, ich gehe auf diese Redaktionssitzung. Ich hatte den Aushang gesehen. Und ich weiß noch, dass meine Mutter gemeint hat, naja, also ich weiß nicht, ob die achten Klassen, ob die ich mehr gerecht sah habe. Okay. Ich bin da einfach hin mit dem Selbstbewusstsein eines Kindes. Und die achten Klassen haben nur eine Ausgabe zusammengebracht, weil die haben halt dann maturiert und waren nicht mehr in der Schule. Und ich bin dann ganz enttäuscht, dass dieses Projekt kaum begonnen, schon wieder gestorben ist. In der großen Pause zwei Klassen über mir, also in eine fünfte Klasse spaziert. Dort saß der einzige Kollege, der Teil dieser Redaktion war, der noch nicht maturiert hatte. Dominik hat er geheißen. Und ich bin da als Trittklasslerin in diese fünfte Klasse. Es gab damals kein Handy. Ich hätte ihm keine DM sliden können. Ich musste im realen Leben in seine Klasse spazieren. Und das war ein mutiger Akt, denn ich weiß nicht, ob ihr euch erinnern könnt, aber so mit 13, 14, 15 wird das genau beäugt, wer in der Klasse spaziert und wer mit wem redet. Und ich kannte ja sonst niemanden in dieser Klasse. Also bin ich da hineingestartet und habe ihm gesagt, hör mal, die Achten sind weg. Ich finde, wir zwei machen jetzt diese Schulzeitung. Dann sind die halt weg. Wir können es ja alleine machen. Und er war entweder so geplättet oder so eingeschichtet, dass er okay gesagt hat. Und dann haben wir zwei die Schulzeitung übernommen und haben die fünf Jahre lang miteinander geführt. Und ein ganz wesentliches Lernerlebnis für mich aus der Zeit war, dass du Öffentlichkeit brauchst, wenn du Dinge verändern möchtest. Dass Öffentlichkeit das einzige Druckmittel ist, das du hast, wenn du eigentlich am kürzeren Ast sitzt. Und das tust du als Schülerin oder als Schüler ganz massiv. Aber wenn du dir ein Medium organisierst und dafür sorgst, dass die gesamte Schulöffentlichkeit über die Dinge spricht, die du eigentlich wichtig findest, wenn du auf Deckerellgeschichten bringst, wenn du der Direktion ordentlich auf die Nerven gehst, weil du alle vier Wochen mal wieder irgendwas in dieser Zeitung treibst, dann organisierst du Veränderungen. Also die Macht der Worte und die Macht von Öffentlichkeit und damit verbunden auch die eigene Selbstwirksamkeit, die habe ich mit 13, 14, 15 gelernt. Und das war eine Lektion, die hat mich mein Leben lang begleitet und mich schließlich ins Momento-Institut geführt. Ich bin in ein Landgymnasium gegangen in Bad Ischel und wir hatten unsere Klasse direkt neben meiner achten Klasse. Und ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie das ist, als 13-Jährige in eine fünfte Klasse reinzustiefeln beziehungsweise als 13-Jährige mit MaturantInnen gemeinsam etwas zu machen. Eben genau, weil da ist ja oft ein Jahr schon ein Riesenunterschied. Und dann ist eine völlig andere Alterskuhorte. Und ich finde das einfach großartig, dass du das gemacht hast. Und ich finde es total schön, wie du erzählst, wie wichtig diese Erfahrung für dich gewesen ist und für dein weiteres Leben. Also es passt auch sehr gut zu der einen Folge, die wir mit dem Mati Rando aufgenommen haben, der eben auch gesagt hat, es geht ganz viel um Selbstwirksamkeit schaffen, um Selbstermächtigung, um Öffentlichkeit, Um Bandbildung gewissermaßen. Um es gehört werden. Um es gehört werden. Genau. Und meine Frage ist, also der Weg von der Schülerzeitung hin zum Momentum-Institut, wie ist der dann gelungen? Wie ging es da weiter? Ich finde, der nächste Schritt war ein logischer. Das eine ist Politik, wenn auch im Kleinen. So ein Schulkosmos ist ja trotzdem ein kleiner, überschaubarer Kosmos. Das eine ist Politik zu beschreiben. Das andere ist der Wunsch, sie auch zu gestalten. Also war der nächste naheliegende Schritt, selbst als Schulsprecherin zu kandidieren und in der Schulpolitik quasi aktiv mitzumischen. Und nicht nur der Schülervertretung und Schülerinnenvertretung immer auszurichten, dass sie alles falsch waren, in meiner eigenen Zeitung. Sondern es auch selbstverzogen besser zu machen. Da bin ich dann also in die Schulpolitik gerutscht, war dann auch Teil der Landesschülerinnenvertretung in Wien und bin dann nach meiner Matura auf der Universität gelandet und bin sehr schnell darauf gekommen, dass die Erfahrung, die ich als Zehnjährige gemacht habe, aha, es ist nicht selbstverständlich, dass du in ein Gymnasium wechselst, mit 18, 19 am Weg auf die Universität mich wieder eingeholt hat. Es war nicht selbstverständlich, dass ein Arbeiterkind, das als erstes in der Familie maturiert hat, auf der Uni Wien sitzt und dort versucht, seinen Weg zu machen. Ich habe über diese Erfahrung... Entschuldige, wie sehr hast du dich gerade als Alien gefühlt? Also wie wenig hast du reingepasst am Anfang? Ich habe überhaupt nicht reingepasst. Ich glaube, dass eine Universität für alle jungen Menschen in dem Alter eine wahnsinnige Überforderung ist, unabhängig davon, wo sie sozial herkommen. Ich meine aber, aus meiner Erfahrung heraus zu wissen, dass Kinder aus Arbeiterfamilien noch mal Ärger eingeschüchtert sind als andere. und sie haben vor allem kein Sicherheitsnetz. Also ich bespreche das oft mit Kindern aus bürgerlichen Haushalten, die mir dann sagen, naja, aber ich habe ja auch nicht gewusst, was eine Vorlesung war, weil mir hat es ja in der Schule auch keiner beigebracht. Ich dann sage, ja, aber es macht einen Unterschied, ob man im Fall der Fälle den Papa fragen kann, weil der hat ein Studium gemacht. Es macht einen Unterschied im Selbstverständnis und in der Selbstverständlichkeit. Und ich finde, ein ganz wesentlicher Unterschied ist auch diese ganz grundlegende Erfahrung von ich gehöre da eigentlich nicht hin. Ich bin da eigentlich falsch. Das ist eigentlich nicht meine Welt. Und das wird an ganz vielen Ecken und Enden, wenn man studiert als Arbeiterkind, spürbar. So ganz banale Dinge wie, du kennst dich mit dem universitären System null aus und kannst niemanden fragen, ist das eine. Aber das Zweite ist, dass du einen ganz harten und ich glaube stärkeren Druck hast als Kinder aus besser abgesicherten Haushalten, weil du ja extrem selbstständig dafür zuständig bist, dein Studium zu organisieren, aber auch dein Leben zu organisieren. Du musst Geld verdienen. Es zahlt dir keiner. Das heißt, du hast den Druck auf der einen Seite ökonomisch, andererseits von der Organisation her und drittens bist du immer mit einem Fuß, das fand ich am allerschwierigsten, immer mit einem Fuß so in diesem, du darfst dir keinen Schäler leisten. Du kannst eben nicht das Studium wechseln, weil wenn du zwei Semester gemacht hast, kannst du das Studium nicht mehr wechseln, du verlierst dein Stipendium. Du kannst dir nicht leisten, bei der Prüfung dreimal durchzufallen, weil du musst die Leistungspunkte bringen, damit das Stipendium weiter bezahlt wird. Also die Fehlertoleranz für Kinder aus Arbeiterhaushalten ist quasi null, was besonders absurd ist, weil sie haben es ja besonders schwierig, weil sie müssen sich da ganz allein orientieren. Und diese doppelte Drucksituation war eine, die hat mich schon oft an den Rand meiner eigenen Belastungsfähigkeit geschoben. zum Thema Selbstorganisation. Also ich komme aus einer Familie mit einer alleinerziehenden Mutter. Ich bin mit 22 in eine andere Stadt gezogen, um hier zu studieren. Und dieses komplette Fehlen von Sicherheitsnetzen. Also bei mir gab es auch kein Stipendium. Bei mir war das einfach ein, du musst halt Vollzeit hacken und nebenbei studieren. Und dauert das Ganze auch schon so lang. Aber dieses, was für mich wirklich das Ärgste war, war dieses, für die anderen ist das nicht so. Die sagen auch, sie müssen nebenbei arbeiten, aber sie meinen damit, dass sie am Wochenende vier Stunden im Biller sitzen oder dass sie beim Papa in der Firma irgendwo Zeitungen sortieren oder irgendwas tun. So, ich muss ja auch was tun, um mir mein Studium zu finanzieren, aber dass das nicht das Gleiche ist. Dass das einfach was völlig anderes ist, als jemand, der halt fünf Nachmittage in der Woche Kinderbetreuung macht. Das sehe ich ganz genauso da. Ich finde, ein wesentlicher Unterschied ist auch die Frage, wofür macht man es? Also Kinder aus sozial besser gestellten Haushalten gehen arbeiten, um sich, keine Ahnung, ein bisschen was anzusparen, einen schönen Urlaub zu leisten oder was Tolles zu kaufen, was sie aber nicht zwingend bräuchten. Ich war arbeiten, damit ich meine Miete zahlen kann und mir mein Essen kaufen kann. Also es gab keine Alternative dazu. Ich hätte auch nicht aussetzen können. Es gibt keine Pause. Es gibt keinen, auch jetzt lasse ich mal ein Quartal aus, weil so anstrengend das Semester ist nicht möglich. Und das meine ich mit, die Drucksituation ist eine ganz besondere. Also Null-Fehler-Toleranz. Du darfst niemals ausrutschen, weil sonst haut es dich aus der Kurve und du weißt intuitiv, du findest nicht mehr zurück. Es hebt dich keiner mehr zurück in die Kurve. Du musst unbedingt, unbedingt, unbedingt, unbedingt, unbedingt drin bleiben. Ja, und das Zweite ist eben auch der Druck, den du hast, weil halt rundherum finanziell, ganz andere Dinge von dir alleine gestemmt werden, wie also in meinem ganzen Umfeld. Ja, und das war ja auch, du bist, glaube ich, Jahrgang 1983, ich bin 84er, ich habe auch unter Schwarz-Blau studiert. Das war die Zeit, wo die Zuverdienstgrenze auch noch für das Stipendium sehr niedrig war. Das heißt, wenn man wenig Stipendium bekommen hat, da gab es ja auch absurde Regelungen, wenn man noch Geschwisterkinder hatte, wenn die Eltern als Angestellte gearbeitet haben, aber jetzt nicht über die Massen verdient haben. Dann gab es Konstellationen, wo man dann da gestanden ist, relativ wenig Stipendium bekommen hat, aber gleichzeitig die Eltern auch nicht in der Lage waren, jetzt besonders viel zu sponsern. Und dann durfte man nicht mehr als, glaube ich, damals waren es 5000 Euro im Jahr dazu verdienen. Das heißt, man war da irgendwie eingesperrt in einem System, das einem ja nicht einmal ermöglicht hat, zum Beispiel mehr arbeiten oder mehr dazu zu verdienen, weil man sonst das bisschen Stipendium halt auch noch verloren hat. Und was ich mir auch denke, was halt zusätzlich noch sehr gemein ist, ist dieses, das ist sehr implizit, aber was man trotzdem spürt, ist dieser Habitus, finde ich. Also von Kindern, die aus Akademikerinnenfamilien kommen, da bekommt man, nicht offensiv, aber man bekommt so dieses Gespür mit diesem Habitus mit, wie muss ich mich wo, in welcher Situation verhalten, um positiv aufzufallen. Also das ist so eine wirklich Sozialisation, die, glaube ich, sehr schwer ist auch zu lernen. Also das ist so, du bist ja dann, also das Gefühl, man ist ja dann doch ein bisschen was Besseres als die anderen. Und das spielt ja ganz viel Rolle oder es strahlt ja auch sehr stark auf Selbstvertrauen dann aus. Darauf melde ich mich in einem Seminar zu Wort. Ist das für mich etwas Selbstverständliches oder nicht, finde ich. Ja, ich finde, man merkt es gut an der Frage von Auslandssemester, ja oder nein? Das war in meinem Umfeld zum Beispiel völlig selbstverständlich, die Wannen. Die allermeisten Wannen auf Erasmus. Und dann haben sie mich immer so ein bisschen angeschaut mit, ja, warum machst du eigentlich du keinen Auslandssemester? Und meine Antwort darauf war immer, weißt du, wie weit der Weg von Simmering daher war? Also wirklich kein Bedarf an einem Auslandssemester noch dazu. Also unabhängig von der Frage, was das auch wieder kostet und mit welcher Organisationsgeschichte das verbunden ist und so weiter. Also man merkt es, wie ich vorhin gemeint habe, an allen Ecken und Enden, was bei mir damals auch noch besonders dazu kam, waren zwei Dinge. Ich weiß nicht, ich weiß nicht, ich weiß nicht, ob das BD auch so war. Es gab, ich glaube, es gibt heute noch einen Unterschied, ob man inwärtige oder auswärtige Studierende war. Also jemand, der in die andere Stadt zieht, kriegt ein höheres Stipendium als der, der in derselben Stadt lebt wie seine Eltern. Ja, aber weißt du, wenn du aus einer Familie kommst mit sieben Kindern, kannst eh auch mit 20 noch im Kinderzimmer wohnen mit den fünf anderen. Ist halt nicht so leuernd. also diese wirklich absurd gezogene Grenze heißt halt auch, dass du Arbeiterkinder zwingst, mit wirklich wenig Geld auszukommen, weil die allermeisten wohnen halt in der Stadt, wo ihre Eltern auch geboren sind, nämlich zum Beispiel in Wien. Das war das eine. Und das zweite, was dann noch passiert ist, wo ich mir auch gedacht habe, boah, das gibt es ja nicht. Kurz nach Beginn meines Studiums ist meine Mutter gestorben und ich habe nach einiger Zeit das Sorgerecht für meinen kleinen Bruder übernommen. Der war damals noch minderjährig, 13, 14 und habe darum dann selbstverständlich angesucht um ein Stipendium für Studierende mit Kind, also um eine Erhöhung des Stipendiums. Wenn du ein Kind hast, hast du ein Anrecht auf ein höheres Stipendium. Daraufhin habe ich einen ablehnenden Bescheid bekommen, ich sei keine Studierende mit Kind, weil das sei nicht mein leibliches Kind. Wenn man gesagt hat, ja, aber essen muss er ja trotzdem. Dieses Kind muss er trotzdem essen. Und ich habe ein Altersurteil von einem Pflegegericht, das sagt, ich bin seine Erziehungsberechtigte. Also ich kann nachweisen, dass ich ihn erhalten muss, laut Gerichtsurteil. Es war dann wirklich interessant, ich war damals schon ÖH-Vorsitzende und habe natürlich alle Hebel in Bewegung gesetzt, um dagegen Berufung einzulegen und das anders zu organisieren. Das ist auf offiziellen Wege tatsächlich nicht gegangen, aber es gibt, ich hoffe, das gibt es heute noch, eine Art Kommission zwischen ÖH und Stipendienbehörde und Ministerium, wo sie besondere Härtefälle besprechen. Also besondere Härtefälle, die irgendwie durch die Gesetzeslücke fallen, aber die irgendwie nachweislich Hilfe brauchen könnten. Und weil ich ÖH-Vorsitzende war, hatte ich das große Glück, dass ich wusste, dass diese Kommission überhaupt existiert. Also ich bin sicher, dass 99,9 Prozent der Studierenden gar nicht wissen, dass die da ist. Also habe ich natürlich Berufung eingelegt, bin in diese Kommission und der zuständige Beamte des Ministeriums hat dann zu mir gesagt, naja, also es stimmt schon, das ist in meinem Fall, also das sieht er schon, dass das die Kriterien eigentlich erfüllen würde, aber also gesetzlich kann man das nicht ändern. Also das geht nicht. Und dann sage ich zu ihm, hä, warum nicht? Und dann sagt er, naja, das Problem wäre ja dann, dass alle Eltern ihre minderjährigen Kinder dem studierenden Kind überschreiben würden, damit diese studierenden Kinder ein höheres Stivendium kassieren können. Und ich sage dann zu ihm, aha, ja genau, das war seine These. Also wir öffnen im Sozialen Missbrauch Tür und Tor. Und ich habe dann zu ihm gesagt, aber ist ihnen nicht klar, dass das, ich kann das nicht auf irgendeinem Post jetzt schreiben, so, Sorgerecht jetzt woanders. Ich muss zu einem Pflegerichter oder einer Pflegerichterin, die für das Wohl des Kindes eine Entscheidung trifft. Und wenn die Eltern da sind, dann wird der Pflegerichter die berechtigte Frage stellen, warum soll ich jetzt dieses Sorgerecht überschreiben an ein studierendes Kind, das noch dazu selbst kaum erhaltungsfähig ist. Also es wird mir kein Pflegerichter auf dem Planeten machen. Hat aber nicht dazu geführt, dass der Herr Doktor das eingesehen hätte. Es war ein ziemlicher Feiz, dann eine Art Kulanzlösung für mich zu erwirken und die Stipendienhöhe für Studierende mit Kindern zu bekommen. Aber es ist dir gelungen? Es ist mir gelungen, ja. Aber bis heute verfolgt mich der Gedanke, dass ich sehr hoffe, dass dieser Sonderfall, es gibt sicher nur eine Handvoll Studierende, die das wirklich betrifft. Das ist ja wirklich eine absolute Unglückssituation, dass die Eltern sterben und dann ein jüngeres Geschwister da ist, wo ein studierendes Kind das übernimmt. Aber die 5, 6, 7, 10, weiß ich nicht, Leute im Jahr, die das betrifft, die von dieser Kommission nichts wussten, wie haben die ihr Studium geschafft? Das ist eine Frage, die ich mir bis heute manchmal stelle. Wahrscheinlich nicht. Ja, wahrscheinlich nicht. Wahrscheinlich irgendwann ausgestiegen und vielleicht 5 Jahre später wieder aufgenommen. Wäre meine Vermutung. Dann ohne Stipendium und mit selber hacken die ganze Zeit, also mit Vollzeitarbeit nebenbei. Aber die Fälle gibt es sicher. Mehr als einen. Ich fand übrigens auch den sozialen Aspekt extrem schwierig beim Einstieg in die Uni, weil, also so dieses mit anderen StudentInnen nachher Kontakt aufnehmen, weil es ein völlig unterschiedliches Leben ist, ob man von einer, ob man arbeiten muss oder ob man zu Hause wohnt und erhalten wird. Weil diese ganzen Sachen, diese Studentenpartys und treffen wir uns da und gehen wir dorthin, das hat es halt einfach nicht gespielt, wenn man Vollzeit arbeitet. Also den Aspekt lasst man dann komplett aus und ich habe den Eindruck, dass man da viel verpasst von dem, was man so potentische Jugend nennt. Ich weiß es nicht, wie man es besser ausdrückt. Da gebe ich dir sicher recht. Wobei ich generell finde, das war zumindest in meiner Leben, bin ich gespannt, was ihr dazu sagt, dass das Arbeiterkindsein auf der Uni auch heißt, dass es ganz generell ein Gefühl von Einsamkeit gibt. Also diese, was du als soziale Situation begreifst, man muss arbeiten gehen, man kann auf die Party nicht, das ist natürlich das eine. Ich fand fast stärker, diese grundlegende Isolationserfahrung, Isolationserfahrung, dass meine Lebensperspektive, mein Erfahrungshorizont, da wo ich herkomme, etwas ist, das ich ganz, ganz schlecht, wenn überhaupt und eigentlich gar nicht teilen kann. Also man ist ja immer das Singulär, das im Idealfall, wenn es alles richtig macht, die eigene Herkunft versteckt. Also ich finde, die Assimilationsleistung ist eine unfassbare. Das heißt, ich habe mich die ganze Zeit bemüht, dass meine Herkunft eben kein Thema ist, dass niemand merkt, dass ich mein Studileben irgendwie auf Schwierigkeitslevel 5 spielen muss, während die anderen im Beginnermode sind, damit ich eben irgendwen noch dazugehören kann, damit ich überhaupt sprechfähig bin zu den anderen. Das heißt, ich habe ganz viele meiner Erfahrungen nicht geteilt. Ich habe Jahre später, wirklich viele, viele Jahre später mit einigen Leuten, die damals mit mir schon befreundet waren, das ein oder andere Gespräch darüber geführt und die haben mich dann immer alle mit ganz erstaunten Augen an. Das sind kluge Leute, progressive Leute, die dann zu mir sagen, naja, aber wir hatten ja alle kein Geld damals. Und ich so. Das ist ein Unterschied, ob du gerade die 5 Euro nicht hast, weil du erst morgen zur Mama fährst oder ob du nicht weißt, ob sich die Miete ausgeht. Genau. Also diese Grundlegende Einsamkeitserfahrung, die ist, also ich habe das immer so beschrieben, wenn ich erzähle, wo ich herkomme, tut sich so ein Graben auf zwischen mir und der anderen Person. und das Ärgste habe ich immer gefunden, dass man dann damit beschäftigt ist, den Graben wieder zuzuschütten, der anderen Person zu ermöglichen, über diesen Graben drüber zu steigen und dann eben die andere Person für die eigene Klassenherkunft rösten zu müssen. Das war für mich das Schlimmste. Darum habe ich irgendwann auch aufgehört, darüber zu sprechen, wo ich eigentlich herkomme, weil ich wollte die Arbeit nicht mehr haben, der anderen Person die Hand dafür zu halten, wie arg es nicht ist, dass sie jetzt gehört hat, wie arm ich eigentlich bin. Voll. Also bei mir war es jetzt nicht so sehr der Arbeiterhaushalt, aus dem ich kam, sondern es war die Waldorfschulvergangenheit, die ich massiv versteckt habe. Das habe ich einmal probiert, das an der Uni jemandem zu erklären und nachher nie wieder. Also das war, Uni war fix der Zeitpunkt, wo ich aufgehört habe, darüber zu reden, auf welcher Schule ich war. Also das hat sicher, ich glaube, eine Person hat das damals noch erfahren und das war es dann, weil ich gesagt habe, da jetzt jemandem erklären zu müssen, na, aus. Also das war für mich das, ja, halt eine Rolle spielt dann. Du spielst dann die Rolle, dass du nicht negativ auffällst und das möglichst wenig weniger erklären musst und ja, ich stimme dir völlig zu, das ist ein Riesengraben. Genau. Also ich habe ja das große Glück, dass meine Eltern beide AkademikerInnen sind, aber auch einige, also meine Eltern sind ArbeiterInnen, Kinder, haben genau von dieser Zeit profitiert, wo es Studierendenfreifahrt gab, wo sich auf den Unis sehr viel getan hat, wo die Hürde reduziert wurde und wo auf einmal sehr viel mehr Personen eine Chance bekommen haben, auf die Uni zu gehen und zu studieren, wobei natürlich auch damals so Dinge wie, wenn du alleinerziehende Mutter warst, war das Studium gleich trotzdem wieder um einiges schwieriger natürlich zu bewältigen überhaupt, wenn du nichts, also wenn du einpendeln musstest zum Studieren, wenn der Weg halt relativ weit war. Ich kenne es natürlich auch nur Erzählungen von meinen Eltern, wie prägend diese Zeit für sie gewesen ist, wo die Sozialdemokratie regiert hat, wo es ganz erhebliche Verbesserungen für Studierende gab, also wo einfach Zugangshürden auch abgeschafft wurden. Das bringt mich auch so ein bisschen zu meiner nächsten Frage an dich, Barbara. Also es ist ja sowohl, wenn man sich das Programm des auch diesjährigen Momentum-Kongresses anschaut, wo es um das Thema Wohlstand geht, aber auch darum, welche Themen das Moment-Magazin aufgreift und das Momentum-Institut betreibt. Also da ist ja dieses Thema Verteilung, Verteilungsgerechtigkeit, das steht ja im Wesentlichen über allem und man denkt sich, ja gut, das Wohlstandslevel ist ja im Querschnitt ja trotzdem immer noch, kommt ja auch oft als Argument, uns geht es ja so gut. Also warum braucht diese Frage der Verteilungsgerechtigkeit einfach immer noch? Weil Österreich eine Klassengesellschaft ist, die so tut, als wäre sie keine und irgendwer muss ja sagen, was ist. Das wäre meine kurze Antwort. Was meine ich damit? Der ganz grundsätzliche Konflikt, wenn man so möchte, ist ja tatsächlich nicht aufgelöst. Er ist nur ein bisschen besser versteckt als früher. Es gibt die große Masse der Menschen da draußen, die ihre Arbeitskraft verkaufen müssen, damit sie irgendwie ihr Leben finanzieren können und es gibt einen Bruchteil von Menschen, die diese Arbeitskraft einkaufen können. So, und dieser ganz grundlegende Interessenskonflikt, die einen wollen die Arbeitskraft um möglichst wenig Geld einkaufen, die anderen müssen ihre Arbeitskraft verkaufen und wollen das um möglichst viel Geld tun. Dieser ganz grundsätzliche Interessenskonflikt ist nach wie vor auch in Österreich natürlich gültig. Und ein Produkt dieses Interessenskonflikts ist natürlich auch die Frage, wie wird Vermögen verteilt? Und da gibt es ganz, ganz viele Mechanismen, die dazu führen, dass wir Vermögen den Menschen bevorzugen. Das zeigt sich an vielen Details in unserem Steuersystem. Etwa wenn ich daran denke, dass wir jenes Einkommen, das am härtesten herzustellen ist, nämlich Einkommen durch Arbeit, am höchsten besteuern, während wir jenes Einkommen, für das man wirklich gar nichts tun muss, außer geboren werden, Einkommen durch Erben, gar nicht besteuern. Um nur ein Beispiel zu geben, auch Einkommen aus Kapital, also wenn das Geld für einen arbeitet und man nicht selbst arbeitet, ist deutlich niedriger besteuert als Einkommen aus Arbeit. All diese Details führen dazu, dass wir in Österreich das Land innerhalb der Europäischen Union sind, das die höchste Vermögenskonzentration hat in ganz Europa. Das eine, das oberste Prozent besitzt die Hälfte des gesamten Vermögens, das wir in Österreich haben. Naja, und ich finde, über diese Dinge muss man sprechen. Hast du den Eindruck, dass da was vorangeht? Oder, also, das ist eher mein Gefühl, dass wir da eher in eine komplett verkehrte Gegenrichtung stiefeln, und zwar in höchstem Tempo. Aber das ist jetzt nur mein Eindruck. Aber wie schaut es wirklich aus? Wird das immer noch schlimmer oder tut sich da was? Naja, ich finde, mehrere Dinge können gleichzeitig wahr sein. Das eine ist, was sagt uns die Statistik, was sagen uns die Daten, was sagen uns die Zahlen? Das sage ich dir. Dadurch, dass wir steuerpolitisch in der Vergangenheit einige Entscheidungen getroffen haben, die Vermögen so krass bevorzugen, verschärft sich die Vermögenskonzentration zunehmend. Ist ja auch klar. Schauen wir es uns kurz an beim Thema Erbschaft. Ich weiß, dass es die meisten Leute stark aufregt. Die allermeisten Menschen in Österreich erben nichts oder fast nichts. Die erben echt kleine Netschbeträge. Da hat die Oma brav gespart oder die Urstrumpfdant oder irgendwer. Und da kommt was daher. Wir reden jetzt von 10.000 Euro, 15.000 Euro, 30.000 Euro, vielleicht 35.000 Euro. Das sind die Beträge, die wenn überhaupt die unteren 30 bis 40 Prozent erben. Das ist fast nichts. Was machen diese Menschen, wenn das Glück sie küsst und sie tatsächlich so eine Erbschaft erhalten? Sie werden wahrscheinlich einen Konsumkredit zurückzahlen, denn die meisten dieser Haushalte haben Schulden. Oder sie renovieren vielleicht ihre Küche. Oder sie wohnen vielleicht am Land und brauchen dringend ein neues Auto. Dann kaufen sie sich das drum. Und schon ist die Erbschaft weg. Das oberste Prozent hingegen, da erben so gut wie alle, so fast 100 Prozent im obersten Prozent machen im Laufe ihres Lebens eine Erbschaft. Aber Achtung, die sind schon vor der Erbschaft im obersten Prozent. Also die sind schon wahnsinnig reich und kriegen on top noch eine Erbschaft dazu. Kennen wir in der Wissenschaft als das Prinzip der Teufel scheißt immer auf den größten Haufen. Und diese Erbschaft ist unfassbar groß. Die spielt sich ab im obersten Prozent bei jenseits der eineinhalb Millionen Euro. Aber wenn ich schon unfassbar reich bin und dann noch eineinhalb Millionen Euro erbe, was mache ich damit? Dann kaufe ich mir keine neue Küche oder vielleicht auch das, sondern ich kaufe mal Wohnung oder Haus. Das kann ich vermieten. Habe also mein Leben lang Mieteinkünfte. So und jetzt spulen wir mal kurz vor. Irgendwann kommt man selbst ins höflich formuliert erblassende Alter. Die unteren 30 Prozent rauschen ins Grab und ihre Nachkommen hauen ihnen die Eudeschäsen ins Grab nach. Mit der kann wirklich niemand mehr was anfangen. Nach 40 Jahren ist dieses Auto gar nichts mehr wert. Falls es überhaupt noch existiert. Oben hingegen erben die Kinder nicht nur das Vermögen, das die Eltern sowieso haben, sondern haben eine Wohnung und Top dazu geerbt, die über die Jahre natürlich auch mehr wert geworden ist. Also die Wertsteigerung kommt da oben drauf. Das heißt, oben erben die Kinder selbst einmal mehr, als die Eltern geerbt haben. Unten hingegen nicht. Und das ist die Mechanik, die beim Erben dazu führt, dass sich über die Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte oben das Geld immer mehr konzentriert, während unten es nur so durch die Finger rinnt. Und da war noch keiner amoralisch, da ist noch keiner bösartig, das ist eine simple Mechanik. Und um dieser Mechanik etwas entgegenzusetzen, haben zivilisierte Gesellschaften, übrigens bereits im alten Rom, Erbschaftsstauern eingeführt. Die sorgen nicht für eine Umverteilung über Nacht, die beenden auch nicht Vermögenskonzentration, aber sie sorgen für eine Verlangsamung dieser Mechanik. Also, die Allerreichsten werden weniger schnell noch reicher. Sie werden immer noch reicher, aber weniger schnell. Und zumindest diese Mechanik braucht es dringend wieder, gerade deshalb, weil in den nächsten Jahren und Jahrzehnten die vermögensde Generation, die dieser Erbfall je gesehen hat, die Babyboomer, ins erblassende Alter kommt. Das heißt, wir sehen, dass in den nächsten Jahren jedes Jahr 20 Milliarden Euro steuerfrei vererbt werden. Aber bevor jetzt bei unseren Zuhörern und Zuhörerinnen der Sekt geöffnet wird, die Hälfte dieses Geldes geht an das oberste Prozent. Da habe ich jetzt gleich eine Frage an dich dazu, weil eigentlich, wenn man sagt, das geht wirklich im Großen und Ganzen wirklich ausschließlich um das oberste Prozent, warum gelingt es den Parteien, die gegen die Erbschaftssteuer sind oder den Organisationen immer so gut, das dann so auszubreiten, als naja, da willst du ans Häusel von der Oma und das kann sich doch keiner leisten, die Erbschaftssteuer und da geht es dann gegen die Kleinen. warum gelingt es diesen Organisationen und Parteien so gut, das zu emotionalisieren auf einer Ebene, dass die Leute dann sagen, na, also eigentlich bin ich eh gegen die Erbschaftssteuer, ich könnte ja mal was erben, auch wenn sie nicht zu einem Prozent gehören. Wie geht es das? Gute Frage, da gibt es unterschiedliche Gründe dafür. Ich finde, der wichtigste Grund dafür ist die Frage, wie ist unsere öffentliche Arena gestaltet? Wo diskutieren wir so Fragen wie, ist Erbschaftssteuern eigentlich eine gute oder eine schlechte Idee? Dann würden die meisten sagen, na, das diskutieren wir in den Medien und auf Social Media und dann schauen wir uns ganz kurz an, wem gehören denn unsere Medien? Wir haben in Österreich ja nur lächerliche 14 Tageszeitungen, also nur zum Vergleich in Schweden, die sind ein bisschen größer als Österreich, aber jetzt auch nicht so viel, die haben 80 Tageszeitungen, also unsere Medienlandschaft ist wirklich winzigst und diese 14 Tageszeitungen gehören zwölf sehr reichen Menschen beziehungsweise Familien, zwei Banken und der katholischen Kirche. So, und jetzt formulieren wir das mal ganz simpel, es ist nicht so, als hätte entweder die katholische Kirche oder die Bank oder die zwölf sehr reichen Familien ein gesteigertes Interesse daran, ausgewogen und fair über die Sinnhaftigkeit von Erbschaftssteuern zu berichten. Das heißt, wenn du dir ansiehst, wir haben das gemacht für den Zeitraum von 20 Jahren, wie sieht denn die Kommentarlandschaft aus? Sind wir draufgekommen? Alle Kommentare, die erschienen sind in 20 Jahren, haben wir untersucht, waren die das höher oder dagegen oder waren die neutral? Kommt raus, zwei Drittel aller Kommentare, die erscheinen, berichten über die Erbschaftssteuern negativ. Das ist doch interessant, oder? Wenn du dir nämlich dann in die Umfragen gehst und fragst, okay, vielleicht sind ja auch alle Österreicher Ihnen dagegen, dann ist ja nur okay, wenn die Zeitungen auch dagegen schreiben. Kommst aber drauf, na, ist nicht so. In den letzten 20 Jahren gibt es keine publizierte Umfrage, wo es nicht eine qualifizierte Mehrheit für die Einführung dieser Steuern gäbe. Das heißt, das, was wir in den Zeitungen lesen, ist tatsächlich nicht das, was das Land denkt. Das ist mal der erste Punkt. Der zweite Punkt, der eine ganz, ganz zentrale Rolle spielt, ist, dass es eine richtige, Martin Schürz, der Vermögensforscher der österreichischen Nationalbank nennt das immer so schön, es gibt eine Vermögensverteidigungsindustrie und die besteht nicht nur aus den Zeitungsinhabern, sondern die besteht vor allem auch aus zahlreichen Wirtschaftsforschungsinstituten, die maßgeblich oder ausschließlich aus Wirtschaft und Industrie finanziert werden, die als vermeintlich unabhängige Experten Stimmung gegen Vermögens- und Erbschaftssteuern machen. Und in diesem Konzert, wir haben Zeitungen, die sind dagegen, wir haben die Wirtschaftsforschung, die ist dagegen, bleibt niemand mehr über, der das Thema überhaupt zum Thema macht, außer die Arbeitnehmerbewegung. Und dann würde ich mal meinen, gab es eine nicht so kurze Phase, wo selbst die Arbeitnehmerbewegung irgendwie vergessen hat, für wen sie eigentlich arbeitet. Das war übrigens die Phase meiner eigenen Politisierung, wo innerhalb zum Beispiel der Sozialdemokratie nicht klar war, was haben wir jetzt eigentlich für oder gegen Vermögen steuern. Aber wenn nicht einmal die Arbeitnehmerbewegung mehr kampanisiert für diese Geschichte, dann gibt es halt überhaupt niemanden mehr. Und da hat die progressive Seite, würde ich meinen, mindestens ein Jahrzehnt verloren. Ein Jahrzehnt. Das heißt, weil es ist ein Jahrzehnt passiert, wo das überhaupt gar kein Thema war, wo das in den Zeitungen nicht stand, wo niemand drüber gesprochen hat und wenn, dann negativ. Das ist ein Jahrzehnt, das hat auf Leute eingewirkt. Also, dass wir hier, sagen wir mal, in der Diskurshoheit einige Kilometer verloren haben, das liegt irgendwie auf der Hand. Ich glaube, dass wir da wieder Meter gut gemacht haben. Keine Kilometer, aber Meter, was viel damit zu tun hat, dass sich international da ein bisschen was bewegt hat. Wenn ich etwa in die USA schaue oder nach Großbritannien oder nach Frankreich, geht die, wenn wir mal die politische Diskussion jetzt wieder in eine Richtung verstärkt, wo zumindest die progressive Seite dieser Länder sagt, Alter, das braucht es. Alles andere ist Wahnsinn. Das ist positiv. Ich merke das von so Geschichten wie, ich gebe euch ein Beispiel, als ich 14, 15, 16, 17 war und begonnen habe, politisch aktiv zu sein, war der Begriff Klasse oder Klassenkampf völlig desavouillant. Desavouillant. Das konnte man nicht sagen, ohne dass die Leute nicht die Augen gerollt haben und gesagt haben, was ist mit dir, bist du in die Sowjetunion oder was? Also es war nicht möglich, diesen Begriff zu verwenden. Er war völlig verbrannt. Das hat sich verändert. Mittlerweile kann man die Klassenfrage wieder ansprechen, ohne dass allgemeines Nasenrumpfen stattfindet. Ich glaube noch nicht, dass wir bald am Ziel sind, aber ich glaube, dass sich die diskursive Mehrheit wieder in eine Richtung schiebt, wo aus einer gesellschaftlichen Mehrheit, die haben wir ja schon, vielleicht auch eine politische Mehrheit. Dann stelle ich gleich meine Anschlussfrage, weil ich höre, ich bin immer gern, ich tue immer gern was. Also ich bin da lieber, mag nicht gern nur sagen, ja so ist das. Was können wir jetzt machen als Progressive, die sagen, okay, die arbeiten jetzt gegen uns seit, wie heißt es, seit einem Jahrzehnt, seit Jahrzehnten, auf einer total emotionalen Ebene, wo man dann im Prinzip schon von der Oma das Häusl verpfändet sieht, weil sich keiner leisten kann, die Erbschaftsteuer. Was können wir dem jetzt entgegensetzen, wie gestalten wir das Narrativ, was können wir tun, dass wir da Land gewinnen? Also ich glaube, das Allerwichtigste ist, darüber zu sprechen. Nichts anderes haben wir nämlich. Das ist ein bisschen erschütternd, aber das muss uns klar sein. Wir können uns keine Kronenzeitung kaufen, wir wissen nicht René Benko. Wir können auch kein Servus-TV gründen, wir wissen nicht die Dematischitz. Also uns fehlt das Kleingeld, um einen medialen Faktor in die Welt zu stellen, der diese Bedeutung in so kurzer Zeit erringen könnte. Was wir aber schon haben, ist die Tatsache, dass wir mehr sind. Die Menschen, die von der Erbschaftsteuer massiv profitieren würden, nicht weil sie es zahlen, weil sie eben sowieso nichts, aber weil mit mehr Staatseinnahmen mehr öffentliches Vermögen geschaffen werden kann, von dem die untere Hälfte der Bevölkerung viel mehr profitiert als die obere Hälfte. Das ist eine Tatsache, die ist unumstritten. Wir sind die Mehrheit. Diese Mehrheit muss man organisieren und ich glaube, ein Mittel dazu, und das haben wir in den letzten Jahrzehnten auch total vergessen, ist die persönliche Auseinandersetzung. Das reicht von Hausbesuchen über das Gespräch in der Teeküter, über die Gründung eines Betriebsrats, über das Posten in den sozialen Medien, über das Schreiben von Leserinnenbriefen. Jeder und jede von uns, der hier sitzt oder der uns heute zuhört, muss sich klar sein, er oder sie hat auch eine Stimme. Die Frage ist, nützt er sie? Ich habe manchmal ein bisschen den Eindruck, dass allzu viel über eine vermeintliche Spaltung der Gesellschaft gesprochen wird. Also, wenn ich mir jetzt die USA anschaue, wo die Entwicklung eine andere und sehr viel längere war, dann sage ich, okay, da kommt das mit der Spaltung, die sich da seit den 70er Jahren, ab, oder sogar schon 60er Jahren entwickelt hat. Also, diese Polarisierung kommt noch hin. Bei uns, denke ich mir, in Österreich, denke ich mir, da wird sehr oft ein bisschen zu überstrapaziert, diese Spaltungserzählung. Und ich habe manchmal den Eindruck, dass das auch eine gewisse Absicht ist, um eben zu vermitteln, seid nicht zu laut, fordert nicht zu stark eure Rechte ein oder stellt keine allzu hohen Ansprüche, weil damit spaltet ihr nur und damit bringt ihr sozusagen Unfrieden in die Gesellschaft oder in die gemeinsame Auseinandersetzung. Was sagst du dazu, Barbara, sehe ich das richtig oder drohen wir zu kippen in einen Modus Trump oder in die Richtung USA? Oder gibt es noch Hoffnung? Es gibt immer Hoffnung. Es gibt immer Hoffnung. Da bin ich ganz bei James Baldwin, der hat das auch mal gesagt. Selbst wenn ich selbst nicht glaube, ich habe nicht das Recht, irgendeinem einzigen Kind auf diesem Erdball seine Hoffnung zu nehmen. Es ist meine verdammte Verpflichtung, Hoffnung zu haben. Also das mal vorangestellt. Zur Frage, sind wir ein gespaltenes Land, ja oder nein? Ich finde, das ist ein bisschen vielschichtiger. Ich gebe dir völlig recht, dass die vermeintliche Spaltung und der Vorwurf des Spaltens einer ist, der dazu genützt wird, um Leute mundtot zu machen. Ich finde, es gibt ein schönes Beispiel, wo man das gut beobachten kann. Das ist die gesamte Auseinandersetzung rund um die Klimakrise. Jedes Mal, wenn die letzte Generation sich auf die Straße stellt oder auf die Straße klebt, kriegen die quasi den Vorwurf, aha, das sind die Zerstörer der Normalität, die spalten das Land, die polarisieren, die sind extremistisch etc. also nicht das Problem stört uns, nämlich, dass wir auf einen unsteuerbaren Klimakipppunkt zu rudern. Es stört uns nicht, dass allein 100 Konzerne auf dieser Welt für 70% der CO2-Emissionen verantwortlich sind und ihre Eigentümer extrem gut an der Zerstörung des Planeten verdienen. Es stört uns nicht, dass jemand wie Musk ganz offen sagt, dass die Klimaapokalypse kommen wird, aber er sein Reichtum natürlich nicht dafür einsetzt, ihn zu verhindern, sondern er maßgeblich daran beteiligt, es gut daran zu verdienen. Alles ist uns wurscht, aber die Klimakleber, die zerstören unsere Normalität. Eine völlig verrückte Normalität, auf die wir uns alle miteinander einlassen, indem wir so tun, als wäre es normal, dass eine kleine Minderheit Raubbau an unserem Planeten und an unseren Zukunftschancen und im Leben unserer Kinder betreibt. Aber gut, das ist ja mal dahingestellt. Also diese Art von konstruierter Aha, du spaltest Konstruktion, das sehen wir immer wieder. Ich fand das auch im letzten Wahlkampf sehr deutlich, wenn sich der ehemalige Kanzel Nehammer selbst auf Instagram hinstellt und sagt, das sind die Zerstörer der Normalität, das sind unsere Feinde. Was wirklich absurd ist. Sie zeigen oft das Problem, sie sind nicht das Problem. Das war das Erste. Die andere Frage, wie steht es um andere Spaltungsmuster in diesem Land? Dann würde ich meinen, dass wir schon eine, wie formuliere ich das, ich würde mir wünschen, wir hätten eine Kultur in diesem Land, die es ermöglichen würde, über Interessenskonflikte zu sprechen und die klar zu benennen. Nur keine Willen, na nicht streiten, schon gar nicht am Balkon, was auch immer. Also das ist eine Sache, die ist im politischen Diskurs extrem stark. Jedes Mal, wenn innerhalb, egal wie die Koalition ausschaut, innerhalb einer Koalition ein Streit passiert, sind die Zeitungen voll mit Aha, schon wieder zerstritten, das ist aber ein Problem. Das Wesen von Demokratie ist, über Interessenskonflikte zu streiten. Deshalb haben wir sie gegründet. dafür ist die da. Das muss man aushalten können als erwachsener und mündiger Mensch. Ich will ja wissen, wofür die stehen und dass die hoffentlich Unterschiede haben, weil sonst habe ich genau kein Angebot als Wähler oder Wählerin, sondern es ist eine Einheitspartei, das würde ich nicht wollen. Also der Wunsch nach Stille, der Wunsch nach nur Karnevern ist im Kern ein antidemokratischer Wunsch. Gut, den haben wir leider die letzten Jahrzehnte sehr stark bedient. Ich finde auch in den eigenen, wenn du so möchtest, progressiven Reihen hat es dazu geführt, dass eine offensive Auseinandersetzung eher kritisch beäugt wird. Ich glaube aber, dass es notwendig ist, lautstark und klar zu machen, wofür man steht und wofür man kämpft, weil nur dann können Leute sich entscheiden, sich dieser Sache anzuschließen. Lari-Fari-Lauwarn lockt niemand hinter dem Ofen hervor. Na gut, also das nur als zweiter Punkt. Und die dritte Sache, die ich schon ganz klar benennen würde, ist, es gibt ganz klar eine Spaltung in diesem Land. Das ist aber nicht die Spaltung von links und rechts. Das ist auch nicht die Spaltung von Stadt und Land oder Alt und Jung oder Mann oder Frau. Für mich läuft die zentrale Konfliktlinie zwischen oben und unten. Und das ist ja auch das, was du, was ihr immer wieder, immer wieder thematisiert. Egal um welches, also um welche politische Materie es geht. Also an alle HörerInnen, großer Tipp, wenn ihr es noch nicht kennt, Momentum Institut und Moment.at, da gibt es Content für jede Stammtisch-Diskussion. Da kann man sich aufmunitionieren bis unter die Schädeldecke mit Zahlen, Daten, Fakten, Spins, Geschichten, mit allem drum und dran und natürlich auch auf sämtlichen Social-Media-Kanälen. Also ich glaube jetzt nicht, dass unsere ZuhörerInnen, dass da viele dabei sind, die es noch nicht kennen, aber es ist natürlich, keine Werbeanschaltung unbedingt anschauen. Wir haben natürlich im Vorfeld ein bisschen recherchiert und sind da auf ein Bühnenprogramm von dir gestoßen, liebe Barbara. Magst du da noch kurz, also ich glaube es ist so weitestgehend ausverkauft oder gänzlich ausverkauft, aber magst du da noch kurz drüber sprechen? Es geht ja da, wenn ich richtig informiert bin, um Feminismus. Ja, da bist du ganz richtig informiert. Vielleicht noch ein Gedanke vorangestellt, der ein bisschen erklärt, warum ich das mache. Ich habe vorher gesagt, jeder von uns hat eine Stimme. Die Frage ist, ob wir sie nützen. Und ich habe mich die letzten Jahre sehr stark bemüht, eine Stimme zu sein in traditionellen Medienformaten. Ich habe mich bemüht, eine Stimme zu sein in den sozialen Netzwerken. Gemeinsam mit dem Team von Momentum, grafiken Videos, du hast es gerade auch erwähnt, versuchen wir, Informationen so aufzubereiten, gerade auch über Wirtschaft, dass alle diese Sachen verstehen können. Auch wenn sie nicht Volkswirtschaft studiert haben. Und damit meine ich ganz wesentlich vor allem Folgendes. Ich finde, es ist demokratiepolitisch absolut notwendig. Und ich finde, da müssten wir viel härter einfordern, dass das Standard wäre, von egal welchem Wirtschaftsforschungsinstitut oder auch von den Universitäten. Warum? Weil Wirtschaft betrifft unsere aller Lebensbereiche. Und wenn die Debatte darüber so geführt wird, dass man absichtlich schwierige Wörter verwendet oder die Dinge so kompliziert formuliert, dass jeder aussteigt, kann der Großteil der Menschen in diesem Land über diese Fragen nicht mitdiskutieren. Und das finde ich inakzeptabel. Also deshalb war für mich so wichtig, klar zu sagen, geht es einmal runter von diesem Komplexitätsding. Das heißt ja nicht, dass man deshalb dumme Sachen sagt, überhaupt nicht, sondern es geht einfach darum, dass man sie einfach sagt. Das ist ein Riesenunterschied. Einfach, aber nicht deppert. So, und eine nächste Stufe in diesem Kontext war, dass ich mir gedacht habe, noch besser wäre natürlich, die Leute würden nicht nur die Information mitkriegen können, sondern sie wären auch noch gut unterhalten. Wie machte man das? Aha, man könnte ja was machen in Richtung Kabarett und Comedy und habe dann begonnen, zu verschiedenen Themen so Kabarettabende zu entwickeln. Der, der mir am meisten Spaß gemacht hat, war der Frauen- und Feminismusabend und habe darum dann ein paar Termine in ganz Österreich angeboten, die auf magische Weise quasi über Nacht ausverkauft waren. Und jetzt haben wir darum extra noch gesagt, gut, wir tragen das weiter in den Herbst. Das heißt, auf der Öl-Ticket-Seite gibt es für den Herbst noch Karten für neue Termine zum Thema Feminismus für alle. Perfekt, das kommt, danke für den Hinweis, kommt natürlich in die Shownotes. Danke. Wenn noch jemand Karten sucht, ich glaube, die Sarah hat noch eine ganz wichtige Frage an dich, eine Frage, die wir immer allen unseren NestInnen stellen. Okay. Die Frage, ich bin völlig überzeugt, dass dir das ab und zu passiert, dass du What the Fuck denkst. Das kann ein positives oder ein negatives What the Fuck sein, solange du es uns erzählen magst. Also ein positives im Sinn von, du bist total positiv und irgendwas überrascht, denkst dir, What the Fuck, das gibt es auch. Oder eben, naja, so das übliche What the Fuck, wie man es eher kennt. Darf ich zwei Sachen erzählen oder darfst du eine sagen? Selbstverständlich. Okay. Willkürliche Beispiele, weil beide letzte Woche passiert sind. Ein positives, ein negatives. Ich habe in Graz einen Workshop trainiert zum Thema Feminismus für EinsteigerInnen und bin am Abend dann noch spazieren gegangen, weil ich bin eh den ganzen Tag gesessen, bin durch die Stadt gelaufen, es war ein sonniger früher Abend und dann spricht mich auf einmal ein Mann an, wie denn mein Tag so war und ich spüre intuitiv, das ist jetzt keine gute Situation und rund um uns war, es war hellig der Tag, aber rund um uns war keiner, es war irgendwie ein verlassenes Eck und lüge ihm dann irgendwie vor, ich gehe jetzt heim zu meinem Mann und zu meinen Kindern, die ich zwar schon habe, aber nicht in dieser Stadt und dann sagt er, ach, das ist ja schade, ich solle doch noch mit ihm in dieses Parkhaus gehen, er hätte einiges vor mit mir und ihr könnt euch ungefähr vorstellen, was da noch kam. Und ich habe dann mich schleunigst aus der Situation bewegt, der ist mir Gott sei Dank nicht nachgelaufen und so 100, 200 Meter weiter spüre ich richtig, wie man dann, also das Adrenalin schießt durch den Körper und mir zittern die Knie und mein Gedanke war, oh, what the fuck, das hätte echt, echt scheiße ausgehen können. Wißt du, was ich meine? Das war ein negatives, what the fuck und es war besonders, finde ich, bemerkenswert, weil es war nach einem Tag Feminismustraining und dann passiert so was und dann denkst du, das gibt es ja gar nicht, das kann ja nicht wahr sein. Na gut, das war mein negatives what the fuck, positiv, zwei Tage später war ich in Innsbruck, da habe ich einen Vortrag erhalten zum Thema Klimagerechtigkeit, danach gab es noch so eine Frage-Antwort-Session, die Veranstaltung ist vorbei, ich stehe draußen, warte, dass ich mein Teufel komme, damit ich verrückt in den Bahnhof komme und dann kommt eine Frau und spricht mich kurz an und sagt, ich war gerade in ihrem Vortrag und ich sage ja und dann sagt sie, sie haben in dieser Frage- und Antwort-Session gesagt, weil eine andere Person hat mich das gefragt, wie kriegen wir die FPÖ-Wähler wieder normal und was können wir tun, damit die FPÖ-Wähler endlich die Klimakrise ernst nehmen und ich hatte geantwortet, die FPÖ-Wähler sind nicht das Problem. Auch FPÖ-Wähler finden die Klimakrise ein Problem. so, das war so ungefähr meine Antwort und sie kommt zu mir und sagt, ich wollte mich bedanken, ich bin FPÖ-Wählerin gewesen und habe sie auch bei der letzten Wahl gewählt, aber ich finde, die Klimakrise ist total das Problem und es macht mir große Sorgen und ich wollte mich bedanken, dass sie darauf hinweisen, dass nicht jeder FPÖ-Wähler die Klimakrise für eine Erfindung hält. Das ist nämlich nicht so und ich muss jetzt viel darüber nachdenken, weil ich habe auch viel über Vermögensverteilung und solche Sachen gesprochen und ich muss für mich jetzt darüber nachdenken, ob ich das nächste Mal noch FPÖ wählen kann. Vielen Dank dafür und dann ist sie gegangen und dann habe ich mir auch gedacht, what the fuck, wenn ich nur diese eine Person erreicht habe mit diesem Vortrag, habe ich die Welt verändert. That's something. Ja, that's something. That's really something, ja. Das ist ja eine wunderschöne Perspektive für den Abschluss, finde ich. Ja. Finde ich auch. Ich finde, dass das hinterlässt etwas hoffnungsvoll ist. dass man sich einzelne Leute holen kann wieder. Das glaube ich ganz stark. Das glaube ich ganz stark. Deshalb muss man sich in den Wind stellen und man muss in die Auseinandersetzung gehen und man muss das Feuer, das man selber spürt, für eine Sache oder eine Sache, das muss man einfach weiterreichen. Wisst ihr, was ich meine? Ich bin ganz, ganz, ganz, ganz, ganz, ganz stark davon überzeugt, dass die allermeisten Menschen eigentlich wollen, dass die Welt ein besserer und gerechterer Ort wird. Ich glaube, vielen fehlt die Perspektive, vielen fehlt das, aber wie machen wir das? Vielen fehlt vielleicht der Antrieb oder das Engagement, aber am Ende des Tages würden die allermeisten mitmachen, wenn man sie in einem persönlichen Gespräch darum fragt. Das muss halt wer machen. Das ist ein wunderschönes Schlusswort. Barbara, ganz, ganz herzlichen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, mit uns zu plaudern. War wieder sehr schön. Sehr, sehr gerne. Ich möchte mich ganz herzlich für die Einladung bedanken. Und dann bleibt mir noch, mich von unseren Zuhörenden zu verabschieden und einstweilen könnt ihr uns gerne Rezensionen hinterlassen oder uns auf Social Media kontaktieren. Tschüss. Ciao. Ciao.