Folge 3: Mit Daniela Brodesser über Armut, Fotografie und Downhill
Warum Armut uns alle angeht
15.01.2025 64 min
Zusammenfassung & Show Notes
Wir sind Kathrin und Sarah und unterhalten uns mit Menschen, die ihr aus völlig anderen Zusammenhängen kennt über außergewöhnliche Dinge, die ihr bisher nicht wusstet.
Diesmal unterhalten wir uns mit Dani Brodesser über die Themen Mountainbiken, Skifahren, Fotografie, was Hobbies mit Teilhabe von Armutsbetroffenen zu tun haben, was jede*r von uns gemeinsam mit Armutsbetroffenen zur Teilhabe beitragen und wie wir als Gesellschaft das Tabu und Stigma der Armut brechen können.
Zu Dani:
Gelernte Bürokauffrau, inzwischen aber Kolumnistin, Autorin und Armutsaktivistin.
Webseite: https://ar-mut.com
Buch: https://www.kremayr-scheriau.at/bucher-e-books/titel/armut/
Der Link zum in der Folge erwähnten Artikel:
https://www.derstandard.at/story/3000000244851/installateur-ich-lege-jeden-monat-500-euro-zur-seite
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Transkript
Sarah: Hallo, wir sind
Quati: Kathrin, die meisten kennen mich unter dem Spitznamen Quati
Sarah: und Sarah mit Österreich What the Fuck?!
Wir stellen unseren Gästen die Fragen, die ihnen sonst keiner stellt
und erfahren viele Dinge, von denen wir keine Ahnung hatten,
dass wir sie über unsere Gäste wissen wollen.
Sarah: Wir haben natürlich einen Fahrplan für unseren Podcast.
Wir steigen ein mit der Frage nach der nicht offensichtlichen Expertise,
den geheimen Leidenschaften und Hobbys der österreichischen und deutschen Prominenz
an gescheiten und interessanten Menschen, für die sie eher nicht so bekannt sind.
Quati: Ja, und heute freuen wir uns ganz besonders über unseren Gast,
den sicher sehr viele von euch schon kennen, und zwar die Dani Brodesser.
Es ist wirklich eine große Freude, dich heute bei uns zu haben.
Dani, du bist ja eigentlich gelernte Bürokauffrau,
inzwischen aber Kolumnistin, Autorin und Armutsaktivistin.
Und was vielleicht manche nicht wissen, ist, dass du abseits dieser tausend Dinge,
die du jonglierst und über die du aufklärst,
einige Hobbys gehabt hast, vor allem bergab dazwischen, bergauf in alle Richtungen,
aber auf jeden Fall mit viel Geschwindigkeit.
Wir haben vorher im Vorgespräch erfahren,
dass du nicht nur begeisterte Mountainbikerin/Downhill-Fahrerin warst,
sondern dich auch auf diversen Pisten herumgetrieben hast.
Magst du uns da ein bisschen was erzählen dazu?
Daniela: Ja, zuerst mal, hi.
Hallo, ihr zwei, erst mal danke, danke, danke, dass ihr bei euch sein darf.
Also ich freue mich so irrsinnig.
Quati: Hallo!
Daniela: Auf die Stunde jetzt, das ist einfach traumhaft.
Sarah: Hey, ich freue mich auch.
Und es ist einmal so ganz anders.
Also ich darf einmal über meine Hobbys reden und Leidenschaften,
was man vielleicht abgeht inzwischen.
Und das ist so anders als immer nur über ein Thema reden,
obwohl mein Thema eh mein Hobby auch inzwischen ist.
Aber ja, freue mich irrsinnig drauf.
Quati: Genau, also Downhill.
Stichwort Downhill.
Genau.
Auf Bretteln oder auf zwei Rädern.
Warum, wieso und überhaupt?
Daniela: Wieso und überhaupt?
Es hat eigentlich angefangen, also da muss ich jetzt sogar nur ein bisschen weiter zurück.
Ich habe ab der Volksschule, war ich eigentlich Leistungsturnerin,
Boden- und Geräte-Turnerin.
War im Leistungskader bei uns in Linz dabei.
Hab teilweise fünf Tage in der Woche trainiert.
Wettkämpfe waren am Wochenende auch.
Und hat mir irrsinnig viel Spaß gemacht.
Und irgendwann erreicht man so das Alter, so mit 13, 14, 15 in dem Bereich,
wo sich dann die Weichen stellen.
Gehst du mehr auf Wettkämpfe oder lasst es bleiben.
Und ich habe eigentlich gemerkt, neben der Schule, das ist mir zu viel.
Das wollte ich nicht mehr so.
Also es wären dann wirklich fast sieben Tage in der Woche gewesen.
Und das war mir dann doch zu stark.
Aber ohne Sport habe ich es irgendwie auch nicht ausgehalten
und habe mir dann irgendwann ein Mountainbike zugelegt.
Und das erst so gemütlich angefangen, ein bisschen außerhalb der normalen Wege zu fahren.
Und bin dann in so eine richtige Clique reingekommen.
Ich meine, wer Oberösterreich nicht kennt oder Linz nicht kennt, kennt die Strecken nicht.
Aber meine Lieblingsstrecken war zum Beispiel vom Lichtenberg runter.
Also entweder den Wanderweg oder über die Straße.
Und das ja weit mit über 60 km/h.
Heute rückblickend denke ich mir, bist du deppert.
Sarah: Das wollte ich auch gerade sagen.
Bist du deppert.
Daniela: Ja.
Quati: Das ist das Privileg der Jugend.
Furchtlosigkeit.
Sarah: Aber voll.
Mein Gott.
Ich glaube, ich würde mich so fürchten.
Daniela: Wir waren damals wirklich so schräg drauf, dass ein Schulkollege von mir in der HAK und ich,
der hat eben am Lichtenberg oben gewohnt, in Linz.
Wir sind nach der Schule mit den Bikes zu ihm aufgefahren, haben zu Mittag gegessen,
haben dann Downhillrennen runter gemacht, zu mir haben dort Hausübungen gemacht
und er ist dann einfach wieder zu ihm raufgefahren.
Und Quati, ich glaube, du kennst Lichtenberg.
Also das ist jetzt nicht ohne mit dem Radl.
Aber so schräg waren wir damals drauf.
Quati: Ja, ich bin gerade ein bisschen sprachlos und denke mir, das Alter ist schon ein Hund.
Also wenn man sich anschaut, was man so in Kindheit und Jugendzeiten,
wofür man Energie gehabt hat.
Das ist echt, ich bin gerade total geflasht.
Also also für die, die die Gegend nicht kennen,
schaut euch das so mal vielleicht auf Google Earth oder Google Maps an,
dann wisst ihr ungefähr, von was wir da gerade reden.
Daniela: Wann ich heutzutage mit dem Auto da rauf fahre, denke ich mir,
bitte, wie habe ich das jemals geschafft?
Ich käme wahrscheinlich heute nicht mehr mit einem E-Radl rauf.
Weil mir auf der halben Stricken die Zunge raushängt.
Sarah: Also ich versuche mir das gerade vorzustellen.
Da wirst du gewesen sein, so 14, 15, 16 herum wahrscheinlich oder älter?
Daniela: Genau.
So ab 15, 16 war das dann so die heftige Zeit, wo ich das exklusiv betrieben habe.
Sarah: Also in dem Alter, no way.
Ich meine, jetzt sowieso nicht.
Aber das hätte ich mich auch damals nicht traut.
Ich war so ein Schisser, unglaublich.
Daniela: Ich habe damals auch, also meine Eltern haben sich ja einiges mitgemacht mit mir,
weil die haben halt dann wieder so Anrufe aus dem Spital gekriegt:
so Ihre Tochter liegt bei uns.
Das Fahrradl ist leider nicht mehr zu retten gewesen.
Ich habe dann oft Fotos gesehen.
Da hat sich wirklich mein Bike irgendwann mal um einen Baum um mich gewickelt gehabt.
Und ich meine, ich lache heute drüber.
Ja, weil jetzt habe ich selber vier Kinder.
Ja, und wenn ich denke, ich kriege einmal einen Anruf von der Polizei:
Wir haben das Fahrradl vom Baum runtergekratzt.
Ich würde umgekippen.
Quati: Das ist dann immer, wenn sie dich in der Notaufnahme bei einem Vornamen kennen.
Daniela: Ja, das war damals das UKH in Linz.
Also die haben mich wirklich beim Vornamen gekannt.
Sarah: Wie oft haben sie dich abgeholt mit der Rettung?
Drei, vier Mal im Jahr sicher.
Sarah: Bist du deppert.
Ja.
Der heftigste Sturz war das.
Da habe ich dann im Knie, habe ich lauter so, das war so ein Wald- und Wanderstrecken.
Und da ist ein depperter Ast über den Weg gewesen.
Und den habe ich übersehen.
Und dann hat es mich halt wirklich richtig drüber gewuzelt.
Und ich habe im Flug und danach, wie ich auf der Erde gelandet bin,
mit dem Knie einfach wirklich alles, was dort im Wald gelegen ist, aufgenommen.
Also mein Knie hat wirklich gesagt, so, ich nehme jetzt jeden Dreck da mit.
Quati: Hier ein Baum, hier ein bisschen Schotter, hier ein paar Tannennadeln, ein paar Zweigerl.
Daniela: Genau.
Und im Spital, im UKH haben sie mir dann einfach nur so, das weiß ich bis heute noch,
das war so ein Gummi-, Plastik-, weiß ich nicht, so ein Keil.
Den haben sie mir in die Hand gegeben, haben gesagt" beißen Sie rein".
Und bevor ich noch sagen habe können, warum, hat er mir das im Mund gesteckt.
Ich habe reingebissen und dann haben die da die Sachen,
wirklich die Tannennadeln und so zum rauszupfen angefangen.
Das war der Zeitpunkt, wo ich gewusst habe, okay, ich sollte vielleicht ein bisschen vorsichtiger werden.
Quati: Na und dann sind wir einfach umgestiegen auf Buckelpisten fahren,
weil Schnee so viel besser ist.
Sarah: Naja, aber du hast ja dann, wenn du den Skianzug an hast,
dann ist es mit den Tannennadeln nicht so leicht.
Durch den Skianzug.
Daniela: Wobei ich sagen muss, Skifahren habe ich,
und das werden wahrscheinlich auch die wenigsten glauben, die mich kennen,
ich bin schon mit, ich glaube, zwei Jahren,
mit zwei Jahren das erste Mal auf den Ski gestanden.
Das war noch diese Plastik-Ski für kleine Kinder,
wo du mit den normalen Schuhen gestanden bist.
Mein Opa war ja Skilehrer.
Und damals Pöstlinberg, allein schon,
raufgegangen, runtergefahren.
Und er hat mich dann wirklich relativ bald,
schon Wurzeralm, Hinterstoder mitgenommen.
Und wir waren jede Woche im Winter Skifahren.
Und es war einfach herrlich.
Also auch wieder Speed, Geschwindigkeit.
Was kostet die Welt?
Verletzungen gibt es keine.
Hab mich aber, muss ich wirklich sagen,
beim Skifahren eigentlich nicht schwer verletzt.
Wundert mich bis heute.
Wirklich.
Sarah: Das heißt, du bist vom Skifahren eigentlich
aufs Mountainbiken umgestiegen,
weil es dir nicht gefährlich genug war.
Habe ich das jetzt richtig verstanden?
Quati: Ach, so rum.
Daniela: Naja, Mountainbiken war halt im Sommer
und Skifahren war im Winter.
Quati: Wobei, das ist ja so eine
uroberösterreichische Eigenart,
dass wir irgendwie die Kinder so: gehen lernen
und das erste Mal auf Ski stehen,
ist meistens relativ gleichzeitig.
Das ist so ein Ding,
also Skifahren ist irgendwie
eine der Hauptkulturtechniken.
Und ich glaube,
dass sich das mittlerweile ziemlich ändert,
weil einfach aufgrund der
natürlich der
immer, immer weiter zurückgehenden
Gletscher und
des Schneemangels
und natürlich der Kosten,
die damit verbunden sind.
Aber das ist auch wirklich so,
also wenn man in den 80ern und 90ern
in Oberösterreich groß geworden ist,
war es so
Gehschule gleichzeitig
mit der Skischule.
Sarah: Das ist so arg zum Hören,
weil für mich hat es das
wirklich überhaupt nicht gegeben.
Also wir haben auch auf der Schule
keinen Skikurs gehabt.
Also bei uns haben wir gemacht
Klassenfahrten mit Wandertagen und so.
Und dann komme ich nach Österreich
und meine Kinder haben auf einmal Skikurs.
Und ich so, warum haben die Skikurs?
Wieso müssen die Skifahren lernen?
Das braucht doch kein Mensch mehr.
Wir haben eh keinen Schnee.
Aber nein, in Österreich ist das
anscheinend total wichtig
mit dem Skifahren.
Also wo ich herkomme in Süddeutschland,
sollte man meinen,
könnte auch noch so sein,
aber gar nicht.
Also das ist wirklich was
Ur-Österreichisches mit dem Skifahren.
Daniela: Ich meine, also wie du Quati gerade
erwähnt hast,
es wird immer weniger.
Meine Kinder haben es zum Beispiel
nie gelernt.
Aber da kommen wir später sicher noch dazu.
Aber ja, Skifahren ist wirklich,
ich glaube,
Oberösterreich,
80er Jahre.
Es hat, glaube ich,
in meinem Jahrgang
niemanden gegeben,
der nicht Skifahren
können hat.
Es war aber damals
auch noch leistbarer
und man hat es auch wirklich,
ja, man hat die Ski,
man ist mit der Pöstlingbergbahn
raufgefahren
in Linz
und ist über die Mayerwiesen
runtergefahren mit den Skiern.
Also da war es halt auch
wirklich kostenlos.
Quati: Ja, und dann eben
Hochficht und so,
also gerade im Mühlviertel,
da hat man ja nicht weit gehabt.
Und das ist irgendwie so
in der Region,
da hat's noch diese
Einheimischentarife
gegeben
und was weiß ich,
was alles.
Da war es irgendwie so für
ein bisschen Geld,
Ausrüstung hat man eh
irgendwie daheim gehabt,
zumindest irgendwie Ski
und irgendwelche Schuhe
und irgendwas.
Und ja.
Daniela: Ich habe meine ersten
paar neuen Ski gekriegt,
da war ich, glaube ich,
aber schon zehn.
Vorher habe ich immer
die von meinem Onkel gekriegt,
die der halt nicht mehr
gebraucht hat.
Quati: Aber du bist nicht
nur durch die Landschaft
gefräst
auf Bretteln
und diversen Rädern,
sondern
ein weiteres
Hobby von dir
ist auch
die Fotografie.
Also war die Fotografie,
ist die Fotografie.
Was magst du uns
erzählen drüber?
Weil ich glaube,
das ist ja
ein ganz,
ganz zentraler Punkt
für dich.
Daniela: Ja, vor allem
ein ganz schwieriges
Thema für mich,
weil ich noch immer
dran kiefel (=nage).
Zur Fotografie
bin ich wirklich gekommen,
nachdem meine Älteste
der auf die Welt gekommen ist,
weil dann war ich
auf einmal Mama
mit 21
und
ja, so gefährliche
Sportarten,
Mountainbiken oder so,
das war dann eigentlich
nicht mehr drinnen,
weil wo auch die Zeit
hernehmen?
Ich habe gearbeitet,
habe die Kleine gehabt
und ich bin dann
wirklich so weggekommen
von diesen gefährlichen
Sachen.
Skifahren mit Baby,
wenn du niemanden zum Aufpassen hast,
das auch nicht drinnen
und ich habe dann
wirklich relativ bald,
meine allererste Kamera,
war so eine Hobbykamera
von Olympus.
Die habe ich damals
relativ günstig
irgendwo hergekriegt.
Ich weiß eigentlich,
ich weiß wirklich nicht mehr,
warum ich mir die
eigentlich gekauft habe.
Ich habe mir gedacht,
ich will es einfach mal
probieren oder so.
Und mir haben zum Beispiel
schon immer
schwarz-weiß
Fotografieen
fasziniert.
Und ich habe mir gedacht,
jetzt probiere ich das
einfach einmal.
Und damals halt noch
irrsinnig aufwendig,
dass du die Bilder
irgendwie auf den PC
kriegst.
Ich meine,
das war halt ja
'97, '98
in der Zeit.
Aber ich weiß noch,
ich habe damals
wirklich,
also gleich von Anfang an
ziemlich viel
Makrofotografie gemacht.
Also jetzt ohne
großartiges
Makroobjektiv
oder so,
sondern einfach
wirklich aus dem Gefühl
heraus.
Und das Schönste
war dann immer,
die Bilder
am PC
zu betrachten
und noch ein bisschen
dran
herumbasteln
damit sie so werden,
wie ich sie wirklich
haben will.
Und das hat
mich so,
das hat mich
vom Tag abgeholt.
Das hat mich
wirklich vom Tag abgeholt,
weil
es war damals
keine einfache Zeit
für mich.
Also ich habe mich
halt von ihrem
Erzeuger
getrennt,
der
ziemlich
gewaltvoll war.
Sie hat als Baby
schon,
zwar einen
gutartigen,
aber trotzdem
einen Tumor gehabt
und eine heftige
Operation.
Ich meine,
der war gutartig,
hat sich aber bei ihr
um die Wirbelsäule
rumgewickelt gehabt.
Und
das Fotografieren
war für mich
wirklich,
da habe ich
den Alltag
ein bisschen
ausblenden können.
Also weniger
das Fotografieren,
aber dann das
Foto betrachten,
bearbeiten
und die Ergebnisse
dann sehen.
Und das habe ich
über die Jahre
eigentlich immer
beibehalten.
Ich glaube,
ihr merkt,
dass ich inzwischen
nervös werde,
weil ich fange dann
immer so zu
irgendwas in den
Hände zum
Herumfummeln an.
Weil mit der
Fotografie eigentlich
für mich
verdammt viel
Erinnerungen
zusammenhängen,
die halt eben
nicht schön sind.
Es ist paradox,
ich liebe die
Fotografie,
ich habe es aber
vor allem dafür
gemacht,
dass ich eben
schwierige Situationen
halbwegs gut
durchstehe.
Sarah: Also es erinnert
dich einfach dran,
wofür es der
Ausgleich war.
Daniela: Genau.
Sarah: Wie lange hast du das
gemacht?
Wie lange bist du beim
Fotografieren geblieben
und beim Fotos
bearbeiten und
anschauen?
Daniela: Ja,
eigentlich bis,
Moment,
das war
2018.
Da habe ich dann,
ich habe dann im
Laufe der Zeit
halt andere Kameras
gehabt.
Eben bis die
Jüngste auf
Welt gekommen ist,
war es ja auch
leistbar,
dass ich mir halt
da wieder mal
ein gescheites
Objektiv kaufe
oder halt eine
bessere Kamera.
und 2018
war dann der
Zeitpunkt,
also da war der
Tag,
wo ich wirklich
die Stromrechnung
übersehen gehabt
habe.
Also die habe ich
wirklich komplett
übersehen.
Also da habe ich
die Mahnung
übersehen
und das habe ich
auch im Buch
zum Beispiel
beschrieben.
Ich meine,
heutzutage sag
ich: ja knapp
über 200 Euro.
Ja, tut mir weh,
aber ich zahle
jetzt einfach mal
auf die Gache (=Schnelle).
Und ich meine,
seien wir uns ehrlich,
wer von uns
hat noch nicht
einmal etwas übersehen?
Das kann
einmal wirklich
passieren.
Damals war aber
die Situation
wirklich so,
dass eben
die Drohung war,
wenn ich das
jetzt nicht
sofort zahlen,
wird in drei
Doktor der Strom
abgestellt.
Und ich habe
damals gewusst,
ich kriege nicht
einmal so schnell
irgendwo einen Termin
bei irgendeiner
Beratungsstelle.
Und ich habe aber,
also wir waren
damals schon
in dieser Armut
drinnen
und ich habe
keine Kontakte
gehabt.
Wenn mir das
heute passiert,
weiß ich,
wen ich fragen kann,
ob er mir kurz
vielleicht einmal
aushelfen kann
oder ich weiß,
wo ich mich hinwenden
kann.
Das habe ich
damals einfach
nicht gehabt,
weil ich schon
so zurückgezogen
gelebt habe.
Und an dem Tag
habe ich heute
meine Kamera
verkauft.
Und ja,
jetzt fummel
ich noch mehr
an meinem
Feuerzeug herum,
weil es mich,
ja,
kommt immer wieder
hoch,
der Moment.
Sarah: Ja,
verständlich.
Ein komplett
einschneidender
Moment.
Wo du weißt,
das ist,
ein Teil ist
davor,
der andere Teil
ist danach.
Daniela: Ja.
Und das war
halt einfach
wirklich so,
dass mich das
Fotografieren,
ich habe die Kamera
eigentlich überall
mitgehabt.
Ich meine,
ich habe zwar
nie Menschen
fotografiert,
das liegt mir
nicht,
aber halt
immer
Gegenstände,
Natur.
Sarah: Das wollte ich
dich jetzt
eh noch fragen,
was hast du
am liebsten
fotografiert
eigentlich?
Daniela: Natur eben
und ja,
wirklich so
Momentaufnahmen,
also Street-Fotografie,
das war so
meins.
Einfach so
Kleinigkeiten
festhalten,
die vielleicht
wer anderer
gar nicht
beobachtet.
Und das hat
mich eben
einfach,
also 2018
haben wir ja
schon einige Jahre
hinter uns
gehabt,
die heftig
waren und
Fotografie hat
mir einfach
trotzdem wieder
genau das,
die hat mir
es ermöglicht,
dass ich den
Alltag
bewältige.
Also die hat
bei mir dazu
beitragen,
dass ich Resilienz
entwickelt habe
und darum ist
für mich das
Thema Hobby
einfach,
also Hobby
und Armut
so ein extrem
wichtiges Thema,
weil man
ganz oft
in Debatten
oder Diskussionen
hört,
die Leute
sollen froh sein
dass sie ein
Dach über dem
Kopf haben.
Dabei geht es
um so viel mehr.
Gestehe cih
Menschen nur
zu,
dass sie ein
Dach über dem
Kopf haben
und gerade einmal
so existieren?
Wie
sollen die
Menschen
eine Resilienz
entwickeln?
Du
resignierst
irgendwann,
wenn du
absolut nichts
hast,
woran du dich
festhalten kannst.
Das mag bei
jedem Menschen
anders sein.
Sarah: Aber du
erlaubst
Menschen damit
ja quasi
nicht einmal
mehr zu sein
als ein Tier.
Ich meine,
einem Tier
gestehen wir auch
eine gewisse
Quadratmeter
Anzahl zu
und ein Dach
über dem Kopf,
aber sehr viel
mehr muss nicht
sein quasi.
Und ist das
wirklich,
was wir uns
von unseren
Mitmenschen,
was wir sagen,
das ist das
Minimum?
Nein.
Also ich finde
halt nicht,
anscheinend ist
das für viele
Leute so.
Ich weiß,
dass du es auch
nicht so siehst.
Daniela: Ich finde es einfach
traurig,
weil würden wir
Armutsbetroffenen
wesentlich mehr
zugestehen
und würden wir uns
dessen bewusst
sein,
was
Resilienz
fördernd
ist.
Und Hobbys
oder Sachen,
die einem gut
tun,
sind einfach
Resilienz
fördernd.
Und unser
Gehirn beruht
auf einem
Belohnungssystem.
Wir brauchen
einfach,
dass wir uns
hin und wieder
mit irgendwas
belohnen,
ohne,
dass wir
dabei ein
schlechtes
Gefühl
haben.
Das ist
ja das
Nächste.
Wenn du
in Armut
lebst
und du
gönnst
dir
irgendwas,
hast du
automatisch
ein schlechtes
Gefühl.
Oder du
rechtfertigst
dich tausendmal
dafür.
Das ist
auch wieder
nicht förderlich.
Und was
ist aber
dann der
Unterschied?
Resigniere
ich dann
und gebe
komplett
auf?
Oder
habe ich
noch die
innere
Kraft und
kann mir
Perspektiven
schaffen?
Und darum
geht mir
das Thema
Hobby
einfach
wirklich
jedes Mal
irrsinnig
nahe.
Quati: Ich wollte
gerade sagen,
wenn man
in Belastungssituationen
ist und mit
sei es
jetzt
Facharzt,
Fachärzt*in
oder Therapeut*in
spricht,
kommt
sehr oft
so,
naja,
was haben
Sie für
einen Ausgleich?
Was machen
Sie denn so?
Und
gehen
Sie
Radl
fahren
oder
haben Sie
einen Sport
oder
haben Sie
ein Hobby?
Und dann,
wenn man
das in
Verbindung
bringt,
auch mit
dem,
was du
jetzt
gesagt hast,
das sind
einfach so
alltägliche
Dinge,
sei es
einmal
auf einen
Kaffee
gehen
mit
Freunden
oder
ins
Kino
oder
eben
ein
Fitnessstudio
oder
spazieren,
wo man
ja auch
Schuhe
braucht,
die
nicht
drucken
und
nicht
weh tun
und
wo es
nicht
nass
durchgeht
und
wo man eine
gescheite
Jacke
braucht,
gerade beim
Winterspaziergang.
Also wenn man das
irgendwie so
durchüberlegt
und ich lade
auch die
Zuhörenden
ein,
das einmal
für sich
selber
durchzuüberlegen,
was so die
eigenen Hobbys
sind und
was man so
gern macht
und was
uns
allen
einen Ausgleich
bringt
und dann
überlegt man,
was braucht man,
was brauchen
wir dafür
und was
kostet es
und
dann
sind wir
genau bei dem
Punkt:
um Resilienz
aufzubauen
und eben
einen Ausgleich
überhaupt
zu ermöglichen,
braucht es sehr viele
Voraussetzungen
und
da sind wir
genau
eben
bei dem
Punkt,
wo es dann
für Armutsbetroffene
unglaublich
schwierig wird.
Da sind wir
beim Stichpunkt
Beteiligung.
Sarah: Da wollte ich
gleich noch
was dazu
sagen,
weil
ich bin
armutsbetroffen
aufgewachsen
und
ich habe
gesehen,
meine
Klassenkameraden,
Klassenkameradinnen
haben irgendwelche
coolen
Sportarten
zum Beispiel
ausüben können,
was auch immer,
die waren
nicht einmal
irgendwas
Großartiges.
Im
Sportverein
oder
meine Kinder
jetzt sind
bei den
Pfadfindern
und das
war alles
nicht möglich,
das hat es
einfach nicht
gegeben,
selbst wenn
das noch
so ein
günstiges
Hobby
war oder
gewesen wäre,
auch diese
Bindung,
das muss
jedes Mal
bezahlt werden,
auch wenn
das jetzt
nicht teuer
gewesen wäre,
diese Fixkosten,
auch diese
Überwindung
von meiner
Mama.
Ich weiß,
ich habe
Ballett
gemacht und
die Überwindung
dorthin zu
gehen,
das kommt
nämlich dann
dazu,
ich habe
nicht das
gleiche
Tütü gehabt
wie die
anderen und
die
gleiche
Strumpfhose,
meine
war aus dem
Second Hand
und das ist
dann so
dieser Punkt,
wo du
dann auch
einfach als
Kind
aufgibst
und sagst,
nein,
ich will
eigentlich
nicht.
Weil du
das spürst,
du gehörst
trotzdem
nicht dazu.
Daniela: Voll,
es ist,
genau was du
jetzt erwähnt
hast mit
den Sportvereinen
und so,
es ist der
Unterschied,
ob Kinder
mehrere Sachen
durchprobieren
können,
gedankenlos,
ängstelos
oder ob es,
wie bei
meine nKinder,
ob sie sich
vorher wirklich
gut überlegen
haben müssen,
welche Sportart
wollen sie
jetzt probieren,
weil ich
habe mir es
nicht leisten
können,
dass wir
sagen,
ja,
die Woche
probierst
Fußball,
wenn dir das
nicht
taugt,
probieren wir
in drei
Wochen
Volleyball.
Weil du
brauchst
jedes Mal
irgendein
anderes
Outfit,
irgendwelche
anderen
Schuhe,
die Kinder
sind
schon
eingeschränkt
und was
macht das
mit
Kindern?
Du
lernst
als Kind
nie
über
die
eigenen
Grenzen
rauszudenken.
Du wirst
automatisch
eingeschränkt
auf das,
was ist
überhaupt
möglich,
was ist
machbar
und du
hast
nicht
einmal
die
Möglichkeit,
dass du
deine
Fähigkeiten
austestest.
Und das
tut mir
zum Beispiel
persönlich
gegenüber
Kindern
irrsinnig
weh.
Sarah: Und du
lernst
als Kind
aber auch
sehr schnell
nicht nur
keine Wünsche
mehr zu äußern
in die Richtung,
weil du merkst,
das tut
weh zu Hause,
sondern auch
einfach keine
Wünsche
mehr zu
haben.
Also es
ist nicht
nur so,
dass du
dann sagst,
nein,
es passt
alles
und in
Wirklichkeit
willst du
noch was,
sondern du
lernst halt
einfach auch
als Kind,
als 6,
7,
8-Jährige:
nein,
das ist
nicht gut,
wenn ich
was will,
weil es
geht eh
nicht.
Daniela: Geht mir
jedes mal
wieder nahe.
Entschuldigung.
Sarah: Sorry,
das tut mir
leid.
Daniela: Nein,
nein,
aber weil ich
weiß,
dass es
einfach so
viele Kinder
gibt,
denen es
täglich
so geht.
Und wir
Erwachsene
bestimmen
aber dann
drüber und
sagen,
naja,
wenn sie sich
anstrengen,
können sie
trotzdem alles
erreichen.
Nein,
können sie
nicht,
weil sie
von Anfang an
gar nicht
die Möglichkeiten
dazu haben.
Sarah: Und vor allem,
wir sagen ihnen
ja auch,
wir bringen ihnen
ja im Prinzip
auch schon bei,
es ist wurscht,
ob du dich
anstrengst oder
nicht.
Es ist so dieses,
auf der einen Seite
hören es die Kids
und habe ich
damals gehört,
ja,
streng dich an,
dann kannst du das
und das tun,
aber auf der anderen
Seite hörst,
merkst du halt,
du spürst es ja,
weil du bist ja
als Kind,
du bist ja empathisch,
du ignorierst ja
nicht völlig,
was um dich
herum vorgeht,
du spürst es ja,
dass es nicht gut ist,
wenn du was willst,
weil es eh nicht geht.
Und weil,
wenn du deinen Wunsch
äußerst,
deine Eltern
zusammenzucken
und dann heißt es,
naja,
schauen wir mal,
wie es Weihnachten
ausschaut.
Wenn du im Sommer
einen Wunsch äußerst.
Ja,
und dann ist der Papa
weg und dann sagt
die Mama,
na du,
schauen wir mal,
vielleicht können
die Großeltern helfen
und du kriegst das mit
als Fünf-,
Sechs-,
Siebenjährige,
du bist ja nicht
deppert,
das ist ja,
braucht mir ja keiner erzählen,
dass Fünf,-
Sechsjährige das nicht
mitkriegen.
Und klar,
als erstes lernst du dann,
na gut,
dann sage ich halt nichts mehr.
Ja,
weil dann gibt es keinen
Stress zu Hause
und dann ist die Mama
nicht mehr traurig.
Aber du verlernst es auch,
dass du das willst,
dass du überhaupt sagst,
ich wünsche mir das.
Und diesen Wunsch
zu verlernen,
irgendwas zu wollen,
also dass man sich überhaupt
nichts mehr wünscht,
ich glaube,
da sind wir schon
an einem Punkt,
wenn man dann den Kindern
sagt,
du kannst eh alles werden,
was du willst.
Aber wenn die Kinder
schon nichts mehr wollen,
weil sie schon gelernt haben,
gar keine Wünsche mehr zu haben,
nicht nur sie nicht zu äußern,
sondern gar keine zu haben.
Daniela: Heftig.
Also einfach so,
ja,
dermaßen heftig.
Und ich kenne das leider
von ganz vielen
Kindern und Jugendlichen,
die dann irgendwann sagen,
naja,
warum soll ich das
und das lernen?
Mir wird sowieso
immer gesagt,
ich kann maximal
das und das
verdienen
oder machen.
Quati: Es ist halt ein
komplettes
Paradoxon,
also ich kämpfe ja
irgendwie,
je älter ich werde,
desto mehr
kämpfe ich auch
aus der eigenen
Erfahrung
der letzten
zwei Jahre.
Kämpfe ich immer mehr
mit diesem
Leistungsgesellschaftsgedanken,
eben dieses,
man muss sich nur
anstrengen
und dann geht das schon,
ja?
Um überhaupt,
und,
und,
es ist mir jetzt gerade
irgendwie so richtig
bewusst geworden...
weil ich mir denke...
um überhaupt zu wissen,
wo,
wo und in welchen Bereichen
man sich
anstrengen könnte,
muss man erst einmal wissen,
was man gern macht
und was man kann.
Daniela: Und dazu müssen wir
es auch mal austesten.
Quati: Und dazu,
ja,
müssen wir die
Möglichkeiten haben,
überhaupt einmal
kennenzulernen,
was mag ich denn,
was gibt es denn
überhaupt alles?
Und da fange ich,
da setze ich jetzt noch nicht einmal
irgendwie beim,
beim Schulsystem an,
da fange ich noch nicht einmal an,
sondern das ist wirklich
bei den absoluten Basics,
wie Hobbys eben,
die,
eben nicht zugänglich sind,
die nicht,
wo es eben genau diese Möglichkeiten
nicht für jedes Kind gibt.
Natürlich beeinflusst das
unsere Biografien,
wenn ich nicht weiß,
wenn ich die Möglichkeit
nicht habe,
auszuprobieren,
ob ich eine gute
Schriftstellerin bin,
dann werde ich wohl auch
nie erfahren,
ob ich eine gute
Schriftstellerin bin,
oder gute Fußballspielerin,
oder guter Skifahrer,
oder,
was auch immer.
Da kann man ja gar nicht
das Selbstvertrauen
entwickeln,
überhaupt zu wissen,
was wir können,
was man kann,
wie man das jemals
im Leben wieder aufholen soll
das kann mir einfach
keiner erklären.
Und da braucht man dann
auch keiner kommen mit
m"an braucht sich eh nur
ausstrengen,
und dann wird das
alles schon.
Wenn man sämtliche Prägungen
und die ganze eigene
Geschichte irgendwie so
völlig außen vor lässt,
so funktioniert das nicht,
sag ich jetzt einmal.
Aber weil wir gerade
bei dem Punkt sind,
es ist natürlich immer die Frage,
wie können wir es anders machen?
Weil dieser Rückzug von
Armutsbetroffenen,
ist ja auch symptomatisch,
also dieses immer mehr
sich zurückziehen,
dieses immer weniger
teilhaben können,
das ist ja nicht die Eigenverantwortung,
oder nicht die,
nicht die Verantwortung
der Betroffenen,
sondern das hat ja auch mit der
Gesellschaft an sich und
mit den sozialen Umfeldern zu tun,
in denen wir uns bewegen,
Und wie können wir,
wie kann jeder,
jede von uns dazu beitragen,
Verbindung zu Menschen,
zu Armutsbetroffenen,
nämlich nicht nur aufzubauen,
sondern auch nicht zu verlieren?
Was kann man da wirklich tun,
wenn man merkt,
okay,
da zieht sich jemand zurück,
da gibt es einfach Umbrüche im Leben,
Menschen im direkten Umfeld,
Freundinnen,
Freunde,
die stehen zum Beispiel
vor einer Delosierung,
oder was auch immer,
oder melden die Kinder vom Sportverein ab,
you name it.
Ich glaube,
dass da einfach sehr oft
eine Hilflosigkeit auch besteht.
Aber wie,
finden wir den Zugang,
oder beziehungsweise,
wie können wir Kontakt halten,
gibt es da überhaupt die Möglichkeiten dafür?
Daniela: Natürlich gibt es die,
und sie sind teilweise einfacher,
als man vielleicht glaubt,
weil man meistens eben auch so eine gewisse Scheu hat,
davor,
dass man,
dass man Betroffene dann anspricht.
Aber was ich jetzt in den letzten Jahren,
also was ich von mir selber eben weiß
so aus Erfahrung,
und in den letzten Jahren einfach gelernt hab:
der einfachste Weg,
das Gespräch zu beginnen,
ist,
Betroffenen selber zu erklären,
wie viele Menschen
überhaupt betroffen sind in unserem Land.
Der Moment,
wenn Betroffene merken,
hey,
Moment,
es geht nicht nur mir so,
dass ich mir
den Ausflug in der Schule
nicht leisten kann,
es geht nicht nur mir so,
dass ich am Monatsende
kein gesundes Weckerl mitgeben kann,
sondern ein billiges
Toastbrot vom Hofer.
Sobald der Punkt kommt,
wo die merken,
hey,
das sind ganz viele,
ich brauche mich eigentlich gar nicht
schämen
dafür,
wird das ganze Mindset ein anderes.
Das Wichtigste ist meiner Meinung nach,
und da steige ich nicht runter davon,
das Aufklären und Reden darüber,
warum Armut strukturell ist,
und warum es keine individuelle Schuld ist.
Ich kann nicht,
zum Beispiel junge Menschen,
die in Niedrigstlohnjobs arbeiten,
die immer wieder am Arbeitsamt sind,
die keine Ausbildung fertig haben.
Ich kann denen nicht direkt die Schuld geben.
Ich weiß nicht,
was in ihrer Biografie passiert ist.
Und es zieht sich wirklich
durch und durch,
egal mit welchen jungen Menschen du redest.
Die haben eine scheiß Biografie hinter sich.
Die haben entweder
ein schlimmes Elternhaus
oder von außen eben
wirklich diese Abwertung
und Beschämung miterlebt.
Da möchte ich jetzt noch einmal
ganz kurz zurückkommen
auf die Hobbys,
weil ich kenne zum Beispiel
schon die Argumente
von ganz vielen Menschen,
die dann sagen,
weil du vorher das Fahrrad
erwähnt hast
und das Spazierengehen.
Ich kenne ganz viele Menschen,
die dann sagen,
naja,
aber es gibt ja,
man kann ganz oft
gratis
sogar ein Fahrradl kriegen,
über willhaben.
Um das geht es nicht.
Es geht darum,
dass ich als Mensch,
ich als Individuum,
ein Hobby brauche,
das ich mir wählen kann.
Es geht um die Wahlfreiheit.
Ich brauche kein Hobby,
das mir die Gesellschaft aufzwingt,
weil es billigst ist.
Ich brauche etwas,
was mir als Mensch gut tut
und genau das brauchen Kinder auch.
Und Kinder und Jugendliche brauchen,
sie brauchen eine Gesellschaft
rund um sie,
die sagt:
hey,
egal was du erlebt hast,
egal,
welche sozioökonomische Herkunft
du hast,
wir garantieren dafür,
dass du alle Wege offen hast.
Wenn die Nachhilfe nicht leistbar ist
und du aber trotzdem das Zeug hast,
dass du eine höchere Schule machst,
dann sollst du sie bitte machen.
Wenn du eine Lehre machen willst,
dann kannst du sie machen.
Wir unterstützen dich überall.
Aber momentan ist es so,
dass gerade Kinder aus armutsbetroffenen Haushalten
relativ schnell die Schule
entweder ganz verlassen
und dann in irgendwelchen Ausbildungsprogrammen landen,
wo sie,
und das habe ich schon mitgekriegt,
und da platzt mir der Kragen:
solchen Kindern werden Anträge vom AMS hingelegt,
die müssen lernen
wie sie die ausfüllen
weil was anderes werden sie im Leben nie brauchen.
Bitte,
wie sollen solche Jugendliche
jemals wirklich
an sich selber glauben?
Und da geht mir heute noch der Kragen auf,
wenn ich daran denke.
Aber eigentlich,
ich will mal zurück zu deiner Frage.
Eben.
Wenn man sich mehr und mehr zurückzieht,
und ich glaube,
ich bin da jetzt wirklich das beste Beispiel dafür,
weil,
Quati,
du hast es bei mir miterlebt,
du hast mich in der Zeit kennengelernt,
und was hast du gemacht?
Du hast einfach gesagt:
so Dani.
Weil du gewusst hast,
ich würde wahnsinnig gerne wieder auf Lesungen gehen
oder Veranstaltungen gehen.
Und du hast einfach gesagt,
so Dani,
wir gehen jetzt auf die Veranstaltung,
du brauchst dir keine Gedanken machen,
ob dort irgendwas zu zahlen ist.
und wir machen uns jetzt einen schönen Abend.
Und das war für mich einfach so wieder
der erste Weg zurück.
Und das ist für mich heute einfach noch so ein Riesenmoment
in meinem Leben.
Und genau sowas brauchen ganz viele Betroffene.
Die einen brauchen,
dass man sie mitzaht (= mitschleift) zu einer Veranstaltung.
Die anderen brauchen einfach,
dass du ihnen sagst,
hey,
wollt ihr am Wochenende mal einen Ausflug machen?
Ich organisiere euch ein Zugticket.
Reden.
Reden und die Leute wirklich das Gefühl geben,
ihr braucht euch nicht rechtfertigen,
weil ihr was braucht oder was wollt.
Es ist das Natürlichste der Welt.
Ich rede schon wieder zu viel.
Sarah: Nein, wir haben dich eingeladen zum Reden.
Das passt schon.
Quati: Es ist so der Punkt,
es ist mir nämlich jetzt gerade geschossen,
wenn man im Freundeskreis unterwegs
ist,
ist es das Selbstverständlichste,
sich gegenseitig mal einzuladen.
Da sagt man irgendwie,
gehen wir auf einen Kaffee,
ich zahle heute.
So.
Oder gehen wir ins Kino und bist eingeladen.
Oder ich lade dich zum Essen ein.
Oder sonst irgendwas.
Oder wir gehen in den Prater oder wurscht.
Und dann auf einmal
merkt man,
okay, man hat im Freundeskreis
Menschen, die gerade finanziell einfach strugglen.
und dann steht man da,
als ob man das verlernt hat,
dass man sagt,
ich lade dich auf einen Kaffee ein
und ich zahle dir heute das Essen.
Oder man geht eben auf eine Lesung miteinander.
man tut dem Gegenüber was Gutes.
Also warum
zum Geier
soll das dann auf einmal anders sein?
Eben,
wenn es dem anderen finanziell nicht gut geht
und man sich das selber aber leisten kann,
dann ist es doch bitte,
also,
wieso verlernt man dann auf einmal
Freundschaft zu leben
und zu pflegen?
Das ist total absurd eigentlich.
Sarah: Das ist es gar nicht.
Das ist es gar nicht.
Daniela: Das wollte ich auch gerade sagen.
Sarah: Ich glaube,
wir wollen eh gerade das Gleiche sage.
Daniela: Es ist nicht das Verlernen.
Es ist erstens einmal,
man tut sich schwer,
dass man mit der Situation umgeht.
Weil,
selbst wenn wir alle miteinander
irrsinnig sensibilisiert sind,
es ist trotzdem noch immer
diese Schublade da.
Und es ist einfach auch das Denken,
naja,
wie fühlt sich der oder die,
wenn ich's jetzt ständig einlade?
Kommt das überhaupt gut an?
Und es ist wirklich kein Verlernen, Quati.
Aber ich glaube,
das Wichtigste daran ist zum Beispiel,
und auch Betroffene,
sagen dann oft nein,
weil sie quasi jetzt nicht immer
bei wem anderen an der Tasche hängen wollen.
Und da hilft auch zum Beispiel wirklich,
wenn man dann sagt,
also ich mache das zum Beispiel auch gerne.
Und ich sage dann,
hey,
ich habe selber eine Scheißzeit erlebt.
Wenn es dir mal besser geht,
kannst du ja wen anderen einladen.
Also dann ist es nicht so,
ich gebe dir jetzt einfach Almosen,
sondern dann ist es auch für die Betroffenen so,
okay,
die weiß, was das heißt,
oder die hat das selber schon durch,
oder die weiß, was es bedeutet.
Und ich kann später ja auch mal
vielleicht irgendwas zurückgeben,
auch in einer anderen Art und Weise.
Sarah: zum gewissen Punkt,
muss man da aber dann auch einfach
als Freund oder Freundin sagen,
so,
ich sehe deine Situation,
ich weiß,
dass es jetzt anders ist bei dir.
Weil dieses
"Geh, ich
lade dich ein,
das basiert total darauf,
dass wir alle ungefähr eine Ahnung haben
von fair,
und einmal lädt der eine ein,
und einmal lädt der andere ein.
Und das ist halt das Problem,
wo sich dann viele Armutsbetroffene
einfach auch zurückziehen,
weil sie sagen,
ich kann diese Rückeinladung
überhaupt nicht mehr machen,
ich will das nicht,
dass ich eingeladen werde,
weil es entsteht mir dadurch
eigentlich die Verpflichtung,
eine Freundin zu sein,
die andere einlädt.
Und da muss ich,
als die nicht armutsbetroffene Freundin,
dann hergehen und sagen,
so,
du,
ich sehe,
dass dir scheiße geht,
du bist trotzdem eingeladen,
ich erwarte überhaupt nichts zurück,
das ist jetzt anders,
das ist jetzt so,
dass ich dich einlade.
Also da muss man ganz aktiv,
glaube ich,
hingehen und sagen,
du,
ich sehe,
dass das jetzt anders ist,
ich erwarte mir da nichts zurück,
und das ist auch okay so.
Quati: Das ist eine sehr wichtige Ergänzung,
danke euch beiden.
Natürlich,
ja,
also das ist auch was,
das ist,
da muss man sich auch die Frage stellen,
inwieweit spielen,
also spielt dieses,
sich gegenseitig Freund,
Freundin sein,
da läuft man natürlich bei dem,
was ich gerade vorher gesagt habe,
Gefahr,
das aufs Materielle zu reduzieren,
das ist
es natürlich nicht.
Wobei andererseits,
eben genau das Materielle,
ja dann,
wenn man armutsbetroffen ist,
so wahnsinnig
einfach alles dominiert,
wenn man auf einmal irgendwie
im Krankengeldbezug ist,
und,
weiß ich nicht,
nach Abzug
aller Fixkosten,
dann auf einmal noch 200 Euro im Monat
oder 150 Euro im Monat,
zum Leben bleiben,
und man sich denkt "Na
servas".
Diese existenziellen,
finanziellen Fragen überschatten halt einfach,
diese ganzen anderen Dinge.
Man hat eben nicht die Entscheidung,
dass man sagt,
ich lade jetzt zurück ein,
das hat man einfach nicht,
oder möchte es auch nicht mehr,
weil,
jede
Auseinandersetzung,
jede
zwischenmenschliche
Interaktion,
dann im Endeffekt,
irgendwann einmal
drauf reduziert wird:
okay,
ich kann nicht,
weil ich die Kohle nicht habe dafür.
Sarah: Dann würde ich dich tatsächlich noch was fragen wollen,
als Lehrerin,
weil ich natürlich...
Wie gehe ich um damit?
Ich weiß,
in meiner Klasse gibt es,
ich bin in einer Mittelschule,
ich bin ganz sicher,
in meiner Klasse gibt es armutsbetroffene Kinder.
ich versuche sowieso generell viel zu ermöglichen,
das einfach nichts kostet.
Aber es gibt natürlich genug Dinge,
die was kosten.
Und es gibt aber auch immer die Möglichkeit von finanziellen Hilfen.
Also es ist,
wenn Eltern zu uns kommen und sagen,
das geht gerade nicht,
dann haben wir fast immer die Möglichkeit zu sagen,
also mir fällt jetzt gerade,
glaube ich,
noch kein aktueller Fall ein,
wo ich nichts hätte sagen können,
dass wir sagen,
ja,
da gibt es diese oder jene Hilfe,
oder wir erlassen es.
Es gibt zum Beispiel dieses,
dieses JÖ-Heft,
das die Kinder bestellen,
das kostet 20 Euro im Jahr.
Und wir kriegen aber Freiexemplare.
Und wenn dann jemand kommt
und sagt: Mah,
die 20 Euro,
das ist mir zu viel,
das geht nicht,
dann sage ich,
nein,
ist überhaupt kein Problem,
das Kind bekommt ein Freiexemplar.
Was tue ich,
dass die Eltern tatsächlich zu mir kommen?
Weil wenn ich es nicht weiß,
kann ich nicht helfen.
Daniela: Wir haben zum Beispiel
in ein paar Schulen da in Oberösterreich
so ein Projekt laufen,
wo die Eltern nicht am Elternabend
direkt aufzeigen müssen
oder die Kinder in der Klasse. Weißt eh so:
Wer von euch braucht Hilfe?
Sondern die Pädagog*innen
geben einfach Kuverts aus,
wo so ein Infoblatt drin ist,
was fällt heuer alles an
und dann halt einfach auch dabei ist,
was geht sich für euch nicht aus?
Wo wird es schwer?
Und es ist aber auch immer
ein Infozettel dabei,
wie viele Menschen betrifft es
in dem Bezirk?
Wo ist die Armutsgrenze?
Wo ist das Referenzbudget?
Also wir geben auch immer
diese Infos dazu.
Sarah: Das finde ich großartig,
das ist eine tolle Idee.
Danke, Dani.
Quati: Das ist fantastisch.
Daniela: Gerne.
Ja, gerne.
Vor allem diese Referenzbudgets.
Und auf einmal -
und es müssen halt quasi
alle Kinder und alle Eltern
das wieder abgeben
und niemand in der Klasse weiß,
wer jetzt eine Hilfe braucht
und wer nicht.
Sprich,
und es kommen dann ganz viele
Rückmeldungen von den Eltern,
weil die Pädagog*innen fragen dann
trotzdem am Elternsprechtag
bei den Eltern nach
und die sagen:
ja,
mein Kind braucht jetzt
nicht mehr in der Klasse aufzeigen
oder ich nicht mehr am Elternabend.
Das ist einmal so ein Weg
und dadurch steigt wirklich
die Zahl jener,
die sich trauen,
dass sie um Hilfe ansuchen.
Weil es für nicht mehr
beschämend ist.
Sarah: Das Ärgste finde ich nämlich immer,
wenn Kinder dann zum Ausflug,
der 3,50 Euro kostet,
dann einfach nicht auftauchen
an dem Tag.
Und du weißt,
du bist eigentlich sicher,
es ist,
weil sie es sich nicht leisten
können oder es ist
sich nicht ausgegangen gerade
oder was auch immer.
Daniela: Ich habe zum Beispiel
vor ein paar Wochen,
nein, doch schon wieder Monate her,
eine Veranstaltung gehabt,
also einen Vortrag
bei der Lehrer*innen-Gewerkschaft
und das hat mich total fasziniert.
Nach dem Vortrag
ist ein Pädagoge
auf mich zugekommen.
Er war wirklich top gestylt.
Tommy Hilfiger
von oben bis unten.
Er hat sich rausgestellt,
er ist Musikpädagoge
in einer NMS
da ganz in der Nähe.
Und hat sich halt bedankt,
hat den Vortrag
voll super gefunden
und hat gesagt,
naja,
ob er mich kurz
was fragen kann.
Sage ich:
ja, natürlich.
Es ist darum gegangen,
die Kinder haben
noch quasi
zwei Musikhefte
gebraucht,
ein paar Notenblätter,
so Kleinzeug,
wie man so schön sagt,
ja.
Aber gut,
ich meine,
geh einmal
ein Notenheft einkaufen,
kostet auch inzwischen,
ich glaube,
3,50 Euro
so in die Richtung.
Und er hat gesagt,
er ist die Kinder
dann wirklich
drei Tage nachgerannt
und die haben es
noch immer nicht gehabt.
Sag ich:
ja,
wann war denn das?
Sagt der,
ja,
gestern hat er das
letzte Mal
nachgefragt,
Freitag vor einer Woche,
hätte er das gebraucht.
Das war Monatsende.
Das war ein Datum,
das war wirklich so,
ich weiß nicht,
24.,
25.
Habe ich zu ihm
eh gesagt,
sag ich:
um die Zeit
haben Eltern,
armutsbetroffene Eltern
keine 6,
7 Euro mehr,
die sie locker einfach
hernehmen können
für hefte.
Sag ich,
macht das
mit einer Vorlaufzeit.
Sag ich,
gebt den Eltern
drei,
vier Wochen mindestens
und macht das bitte
gar nicht am Monatsende.
Sarah: Monatsende ist es ja teilweise
für nicht Armutsbetroffene
eng.
Daniela: Und der hat mich
ein paar Wochen später
dann wirklich angerufen,
weil er gesagt hat,
er hat das dem ganzen
Kollegium auch gesagt
und die haben alle selber
gesagt:
eigentlich ja logisch.
Aber sie sind so im
Alltag drinnen gewesen,
dass sie überhaupt
nicht daran gedacht haben.
Und dadurch fällt es
aber auch ganz vielen
Eltern jetzt wieder leichter,
dass sie die Sachen
besorgen.
Vor allem auch,
weil es nicht
über Nacht sein muss.
Und das sind auch
so Sachen,
ich kenne es ja
von meinen Kindern,
die kommen am Abend
heim,
bitte bis morgen
12 Euro mitgeben.
Ich habe wirklich
Phasen gehabt,
da habe ich meine
Jacken durchsucht
nach dieser
Einkaufswagen
Euro,
damit ich das Geld
noch zu zusammenkriege.
Bitte lasst,
also wirklich,
Vorlaufzeit.
Sarah: Voll,
danke.
Das ist
ein wichtiger Hinweis.
Quati: Also wir haben gerade alle,
während die Dani erzählt hat,
wir haben auch sehr heftig
mit dem Kopf genickt,
mit den Köpfen genickt,
weil es irgendwie,
wenn man das dann so hört,
denkt man sich:
eigentlich total logisch.
Also eigentlich total logisch,
aber ja.
Daniela: Ja,
wir sind alle,
wir alle sind in einem Alltag drinnen.
Jede und jeder von uns hat einen Tunnelblick,
genauso wie ich viele Sachen nicht sehe,
die außerhalb von meinem Tunnelblick sind.
Aber das ist halt einfach,
wenn man das selber erlebt hat,
weiß man,
was hätte...
ich denke immer so:
Was hätte mir das Leben damals erleichtert?
Dass meine Kinder nicht in der Schule sitzen
und wieder sagen müssen,
nein,
ich habe es heute nicht mit.
Ich meine,
wenn es etwas Hilfreiches aus der Zeit der Armut gibt,
ist es das.
Ich sehe die Sachen.
Und das sehen aber halt betroffene Familien genauso.
Und ich würde mir zum Beispiel wünschen,
dass in die Gemeinden
betroffene Familien mit einbezogen werden.
Dass Gemeinden sich mit den Familien zusammensetzen
und sagen,
hey,
ihr habt das Wissen,
ihr könnt uns sagen,
was braucht es,
damit ihr euch leichter tut.
Und da kämen die besten Lösungen raus.
Weil es wird ja oft vorgeworfen,
ja,
Betroffene können das ja nicht einordnen
oder könnten es nicht formulieren.
Oder sehen die Welt
durch eine komplett andere Brille.
Nein,
die wissen ganz genau,
was sie wann brauchen.
Und da geht es jetzt,
natürlich,
Geld hilft immer.
Aber da geht es meistens nicht einmal ums Geld,
sondern meistens wirklich um so Kleinigkeiten.
Wann werde ich informiert,
dass ich das zahlen muss?
Solche Sachen.
Sarah: Redet mit uns,
nicht über uns,
so wie eigentlich immer.
Daniela: Genau.
Würde viel einfacher machen.
Manche wären überrascht.
Quati: Es ist ein bisschen
auch die Frage...
ich meine,
manchmal ist,
oder sehr oft ist gut gemeint
halt nicht unbedingt gut gemacht.
Ich habe schon den Eindruck,
dass bei vielen Menschen
so der Wunsch doch da ist,
irgendwie:
ich will ja helfen,
ich will ja was Gutes tun,
ich will ja,
das ist der intrinsische Antrieb,
ja doch irgendwie etwas zu tun
um Armut zu reduzieren,
um Armutsbetroffenen zu helfen.
Allerdings
wird es halt dann auch oft sehr übergriffig,
so quasi,
ich tue jetzt was Gutes
und ich entscheide aber,
wie das ausschauen soll.
Warum ist das so problematisch?
Und warum,
warum geht das gar nicht?
Daniela: Da sind wir einfach an einem Punkt,
wo es Nichtbetroffenen eigentlich nur darum geht,
zu bestimmen
und Macht auszuüben.
So nach dem Motto,
ich bring dir jetzt
meine alten Klamotten vorbei,
weil ich fühle mich dadurch besser
und du hast ja froh
darüber zu sein,
weil du so hättest ja sonst gar nichts.
Und das ist nicht gesund,
das ist für beide Seiten nicht gesund.
Entweder ich will helfen,
dann kann ich entweder finanziell helfen
oder mit Sachen,
die die Betroffenen wirklich brauchen
oder ich setze mich einfach
medial und politisch dafür ein,
dass Betroffene
nicht auf Almosen angewiesen sind.
Sarah: Es spricht ja gar nichts dagegen,
zu sagen,
hey du,
bei mir sind Klamotten,
die sind mir zu klein,
zu groß,
was auch immer,
das könnte dir passen,
magst du mal schauen,
ob dich was davon interessiert.
Da spricht ja überhaupt nichts dagegen,
das ist ja im Sinn einer Weiterverwendung
eine total gute Idee.
Aber ich kann ja niemandem
vorschreiben,
was die jetzt anzuziehen hat.
Daniela: Doch, doch, doch.
Also das passiert täglich
und das habe ich selbst schon erlebt.
Also mir haben wirklich
Leute früher angeboten,
sie hätten Möbel für mich.
Und ihr könnt euch nicht vorstellen,
wie das,
ich meine,
das war,
ich habe wirklich einmal
eine Couch gesucht,
weil unsere Alte wirklich kaputt war.
Da haben mir Leute
ihre Couch andrehen wollen,
die ich nicht einmal mehr
zum Verschenken auf willhaben
gestellt hätte.
Die so versifft
und so dreckig war.
Und die waren
dermaßen angepisst,
wie ich gesagt habe,
sorry, danke,
voll lieb,
aber
ich schaue noch.
Weil so nach dem Motto,
wenn ich eh nichts habe,
dann soll ich doch bitte
dankbar sein
um ihre Couch.
Da erlebst du Sachen,
das ist unglaublich.
Oder was auch leider
immer wieder vorkommt,
ist,
erst letztens wieder
so einen Fall gehabt,
der hat mich dann angeschrieben
und hat gesagt:
Dani,
bin ich da abgehoben,
wann ich die Hilfe ablehne?
Warum?
Weil,
also eine von
den sozialen Medien
hätte ihm
einen Einkaufsgutschein
gegeben,
damit er über die nächste
Wochen kommt.
Und die hat verlangt,
dass er ihr die Rechnungen
schickt,
damit sie sieht,
damit er eh kein Fastfood
und keinen Alkohol kauft.
Sarah: What the fuck?
Daniela: Sowas passiert regelmäßig.
Ich habe ihm dann
natürlich gesagt,
nein,
es ist absolut nicht
abgehoben,
wenn du die Hilfe ablehnst.
Ich habe dann geschaut,
dass ich ihm
einen Einkaufsgutschein schicke
und da sind wir wieder
eben bei diesem
"ich bestimme,
was dir zusteht".
Da sind wir auch wieder
bei den Hobbys.
Also egal,
ob es um Hobbys geht,
um Lebensmittel,
andere bestimmen,
was wir haben dürfen.
Und das ist,
ich weiß nicht,
warum das in unserer
Gesellschaft so extrem
drinnen ist.
Weil die Leute
wirklich immer noch glauben,
wer auf Hilfe
angewiesen ist,
leistet -
da sind wir wieder
beim Leistungsgedanken,
Quati -
Leute glauben wirklich,
wer auf Hilfe
angewiesen ist,
leistet zu wenig.
Ich bin ja besser,
weil ich habe mehr
Geld als du.
Du brauchst Hilfe,
sprich,
du leistest weniger.
Heute war zum Beispiel
ein interessanter
Beitrag im Standard
drinnen,
wo ich echt
nur noch mit dem Kopf
geschüttel habe.
Da ist es um Arbeit
gegangen und um Sparen.
Und da haben sie
quasi einen relativ
jungen Menschen
vorgestellt,
der nach der Matura
dann Installateur
gelernt hat
und der so
super sparsam ist
und sich 500 Euro
im Monat auf die Seite
legen kann.
Der hat von seinen
Eltern ein Haus,
in dem er allein wohnt,
in dem er keine
Miete zahlt,
keine Betriebskosten
zahlt,
verdient 2400 Euro
netto.
Und ich denke mir
erstens einmal:
alter Schwede,
wie privilegiert
bist du?
Du hast keine
Fixkosten.
Und zweitens,
wieso kannst du dir
dann eigentlich nur
500 Euro
auf die Seite legen?
Sarah: Das habe ich mir
auch gerade gedacht.
Quati: Ja same.
Sarah: Was?
2500 Euro
und du hast
die zur freien
Verfügung
und du schaffst
nur 500
zur Seite zu legen?
Daniela: Ja,
aber der wird
dargestellt
als der Leistungsträger
schlechthin,
weil der spart sie
ja irgendwann
auf eine Eigentumswohnung
oder Eigentumshaus
und das sind die Menschen,
die bei uns
als die wahren
Leistungsträger
gelten.
Sarah: Ihr könnt das
jetzt nicht sehen,
aber wir sind ja
alle nur am
nicken und Kopf
schütteln.
Der Artikel ist,
glaube ich,
sogar noch online.
Ich glaube,
der ist heute oder gestern
online gegangen.
Also ich bin nochmal
wirklich
Kopf -> Tisch
da gesessen.
Quati: Schauen wir,
dass wir den vielleicht
in die Shownotes
knallen.
Ich werde mal schauen,
dass wir den in die
Shownotes hauen.
Daniela: Und dann gibt es
die anderen Menschen,
die nicht das Privileg haben,
dass sie kostenlos wohnen,
die vielleicht eine schwere
Erkrankung kriegen
und die dürfen sich dann
von solchen Menschen
sagen lassen:
du leistest weniger als ich,
also darf ich bestimmen,
was dir zusteht oder nicht.
Und da werde ich,
da werde ich wirklich
ganz radikal,
weil ich sage,
nein,
das,
das,
das sind wir nicht
als Gesellschaft.
Wir müssen aufpassen,
dass wir nicht
nicht nur mehr
in diese Richtung abdriften.
So:
Was gestehen wir
Armutsbetroffenen zu?
Ich sehe es zum Beispiel
jetzt in meiner Familie
wieder ganz stark.
Ich meine,
es geht uns jetzt besser.
Jetzt hat aber mein Sohn,
ich meine,
der macht Tischlerlehre,
taugt ihm voll.
Der wollte jetzt
den Führerschein machen,
hätte nächstes
Jahr Bundesheer gehabt.
Und bei dem ist wirklich
von einem Tag
auf den anderen
heuer
Epilepsie gekommen.
So. Hat
eh lange dauert,
bis wir die endgültige
Diagnose gehabt haben.
Jetzt haben wir es
zum Glück geschafft
mit dem Neurologen,
mit den Medikamenten
und mit seiner Firma
gemeinsam,
dass er in seinem Job
bleiben kann.
Die meisten haben aber
das Pech,
dass sie zum Beispiel
dann relativ schnell
gekündigt werden,
weil wie willst du
mit Epilepsie
so einen Job machen?
Das ist den meisten
Betrieben zu unsicher.
Er hat eine super Firma,
die sagt,
wir stehern das durch.
In anderen Fällen
wäre mein Sohn
zum Beispiel
jetzt seinen Job los.
Wie lange brauchst du
du dann,
dass du sowas
verkraftest,
dass du wieder
voll auf die Füße
kommst?
Er darf jetzt
keinen Führerschein
machen,
er darf das Bundesheer
nicht machen,
was er immer
wollte.
Ich kann jetzt
sagen,
okay,
wir stehen das
durch,
wir schaffen das
irgendwie.
Er hat jetzt
eh seinen Job
weiter,
aber selbst
wenn er ihn
nicht mehr
gehabt hätte,
ich hätte ihn
unterstützen können.
Viele andere
Familien können das
nicht,
wenn ein Kind
schwer erkrankt.
Das Kind hat
dann nie die Chance,
dass es wirklich
gut verdient.
Und das
sollen dann
keine Leistungsträger
sein und wir
bestimmen dann,
was der Mensch
haben darf und was
nicht?
Und ich meine,
wir reden da nicht
über Luxussachen.
Sorry,
aber das regt mich
so auf.
Quati: Wir verdauen all das,
was wir hören,
deswegen die
Kunstpause.
Ich meine,
es ist ja,
der Titel des
Podcasts passt
ja halt wirklich
auch zu diesem
Thema,
ganz hervorragend,
dieses "Österreich,
what the fuck?!"
Daniela: Perfekt.
Quati: Weil ich mir
gerade heute
wieder sehr oft
denke,
so
"What the fuck?!"
und die Sarah
hat es vorher,
glaube ich,
auch mal ausgesprochen:
"What the fuck?!"
Sarah: Es musste sein.
Quati: es ist andererseits,
und du hast jetzt
eh einige Beispiele
genannt,
Dani,
gibt es einfach
doch immer wieder
Handlungsmöglichkeiten.
Du setzt dich
einfach,
wie ich es
sonst noch nie
gesehen habe,
eben genau dafür ein,
Lösungen zu finden
und setzt
deine ganze Expertise
ein
und das seit Jahren
und
hast
Öffentlichkeit
geschaffen
und
tust
das auch
weiterhin
mit sehr
viel
Kraft
und
einer
unglaublichen
Authentizität,
muss man an dieser
Stelle
auch mal sagen.
Danke dafür,
du bist
eine enorm
wichtige
Stimme
und
schenkst auch
immer wieder
Zuversicht,
eben,
wenn man
sie denkt:
"What the fuck?!"
Im Kleinen
oder im Großen
oder im nicht ganz so
Großen und Halbkleinen
gibt es doch immer
wieder Perspektiven,
dass man gewisse Dinge
ändert.
Wir sind jetzt
an dem Punkt
und das ist eine Frage,
die wir ja jedem,
jedem unserer
Gäste,
Gästinnen
stellen.
Ich meine,
du hast jetzt eh schon
einige "What the fuck?!"-
Momente
erzählt.
Trotzdem die Frage...
Sarah: Und produziert in der Sendung!
Quati: Ja, und
produziert!
Trotzdem die Frage,
wann hast du dir das
letzte Mal
gedacht
"What the fuck?!"
also sei es jetzt im
Positiven
oder im
Negativen,
gibt ja auch positive
"What the fuck?!"-
Momente,
wann war das das
letzte Mal bei dir?
Daniela: Der letzte
positive
"What the fuck?!"-
Moment war
wirklich gestern.
Von den negativen
will ich jetzt gar nicht
anfangen,
weil
bei negativ
machen wir nochmal
Kopf -> Tisch
Ja,
mag ich erzählen.
Es ist eben so,
dass
Armutsbetroffene
ganz,
ganz schwierig
in der Öffentlichkeit
über ihre Situation
reden,
wenn sie es vorher
zum Beispiel
noch nie gemacht
haben.
Und ich habe
gestern eine Veranstaltung
in Linz
gehabt,
zum Thema
Armut
und Feminismus.
Und
ich habe in den
letzten Jahren
schon viele
Veranstaltungen
gemacht und
es ist meistens
so,
dass wenn man
quasi mit der
Moderation
vereinbart,
man macht dann
so eine Runde,
wo alle Fragen
stellen dürfen
oder selber
was sagen
dürfen:
du kannst
eine Stecknadel
fallen hören,
wirklich.
Wir haben dann immer
schon so
Ersatzprogramm,
damit wir weiterreden.
Und ich war gestern
bei dieser Veranstaltung
und da waren
vorwiegend Frauen.
Es war ein
Stadtteilzentrum
und es waren
Frauen so,
ich glaube die
Jüngste war
25,
28,
die Älteste
war 85.
Und
wir haben mehr
oder weniger so:
wo ich von meinem
Leben erzählt habe
und von meinen
Erfahrungen
und habe vor allem
das Thema
angesprochen,
wie weh mir das
getan hat,
mich immer mehr
zurückzuziehen.
Und dass ich die
Menschen auch gar nicht
bös' sein hab' können,
aber wenn ich immer sage,
nein,
ich kann da nicht
mitgehen oder
mir immer Ausreden
suche,
weil ich mir das
eben nicht mehr
leisten habe können
und die Menschen
wissen nicht,
warum,
natürlich
fragen sie dann
irgendwann nicht mehr,
dass du mitgehst.
Und die Frauen
haben alle zum
Erzählen angefangen.
Die Frauen haben
eine nach der
anderen
ihre Lebenswege
erzählt.
Warum sie in
die Situation
gekommen sind.
Es waren
Krankheiten,
Scheidung,
Gewalt,
Flucht
und dann Gewalt,
Wieder Scheidung.
Also die Hauptthemen,
warum Frauen in
Armut sind,
Care-Arbeit,
nicht voll arbeiten
können.
Und du hast bei ganz
vielen Frauen gemerkt,
die erzählen das zum
ersten Mal.
Eine ist zum Beispiel
da gesessen und
hat sich auf einmal
bedankt, dass ich das
erwähnt habe,
eben,
warum ich mich
zurückgezogen habe,
weil sie das
genauso,
sie hat das
wirklich genauso
gemacht.
Sie hat sich immer
öfter
Ausreden gesucht
und irgendwann
haben sie sie
einfach
nicht mehr
gefragt.
Und
eine andere
hat erzählt,
der Sohn
meldet sie
nicht mehr
bei ihr -
die ist 85,
die Frau -
der Sohn
meldet sie
nicht mehr
bei ihr,
sie ist
Mindestpensionistin,
weil er will sie
nicht erhalten
und sie soll
ja bitte
selber auf ihr
Begräbnis
hinsparen,
weil er
finanziert das
sicher nicht.
Und du hast
gemerkt,
wie die Frauen
teilweise
gezittert haben
beim Reden
oder geweint haben.
Wir haben dann
auch so eine Runde
gemacht,
so:
Was braucht ihr
zum glücklich
sein?
Und dann war
eine alleinerziehende
Mutter da,
die inzwischen
in Pension ist.
Natürlich,
Depressionen,
in Armut
kommt alles
dazu.
Wir reden zwar
ganz oft
über Erkrankungen,
aber dass Armut
Depressionen auslöst,
über das reden wir
zum Beispiel
ganz wenig.
Und das wieder
arbeitsunfähig macht,
aber wurscht.
Auf jeden Fall
die Frau,
alleinerziehende Mutter,
die Kinder inzwischen
eh aus dem Haus,
die hat ihr Leben lang
alles hintenangestellt,
damit die Kinder
Schule machen können,
Ausbildung machen können,
alles haben.
Und die ist echt
da gestanden
und hat dann einmal
so ins Leere geschaut
und hat gesagt,
ich weiß eigentlich
gar nicht mehr,
was mich glücklich macht,
weil ich mir
nie darüber
Gedanken gemacht habe,
weil ich nur mehr
funktioniert habe.
Und das hat mich
eigentlich so hart
getroffen,
weil dieses
nur mehr funktionieren
habe ich auch
so gut gekannt.
Aber auf jeden Fall,
dass da Frauen
auf einmal sind,
die in einer Runde,
wo sie sich teilweise
untereinander nicht
kennen haben,
teilweise schon,
so offen zum Reden
angefangen haben,
ich würde mir das
einfach so viel
öfter wünschen
und so viel
regelmäßiger,
weil es einfach
die Leute bestärkt.
Weil sie merken:
okay,
den anderen geht es
genauso.
Und es waren halt
auch Leute dabei,
die zwar viel
über Armut reden,
aber selber
nicht erlebt haben
und die sind gestern
wirklich auch mit
offenem Mund
dagesessen.
Die haben sich
nicht vorstellen können,
wie es den Frauen
wirklich geht
und was Armut
mit ihnen macht.
Und das war für mich
so ein
WTF-Moment
im Positiven.
Ich meine,
nicht weil es die Frauen
jetzt schlecht geht,
bitte nicht,
falsch verstehen,
aber weil sie
geredet haben.
Sarah: Dani.
Dankeschön.
Und ich glaube,
dieses miteinander
reden und
nicht den Mund
halten über
diese Sachen
ist auch,
was wir jetzt
echt am Schluss
alle mitnehmen
können,
davon,
von dem Gespräch.
Dann sage ich dir
ganz, ganz
herzlichen Dank,
dass du da warst,
dass du uns die Freude
gemacht hast,
mit uns zu reden.
Irrsinnig gern
und
wir verabschieden uns
von unseren
Zuhörern und
Zuhörerinnen.
Danke,
dass ihr dabei wart.
Daniela: Und ich sage danke
so sehr,
für's dabei sein.
Sarah: So gern!
So gern,
Dani,
so gern.
Und ihr denkt bitte dran,
hinterlasst uns sehr gerne
eine Bewertung dort,
wo ihr uns gefunden habt.
Tschüss.
Quati: Ciao.
Daniela: Ciao.